Elmar L. Kuhn

Die Reformation in Oberschwaben


4.7 Täufer und Spiritualisten

Es gab aber in Oberschwaben nicht nur altgläubige Katholiken und nicht nur neugläubige Lutheraner und Zwinglianer, sondern auch Täufer und Spiritualisten.

In Kaufbeuren hatte sich eine kleine Gemeinde der Täufer gebildet. 1528 ließ der Rat fünf Anhänger enthaupten, aber bis 1545 konnte sich eine kleine Gruppe weiter halten, bis sie der Rat vertrieb. In Lindau verfuhr man 1528 glimpflicher und ließ es mit Gefängnisstrafen und Ausweisungen bewenden. In Waldsee wurden 1530 eine Gruppe Täufer gefangen genommen, die von der Schweiz nach Mähren auswandern wollten. Der Truchsess ließ die etwa zehn Männer enthaupten und die drei Frauen ertränken. Im gleichen Jahr machte sich ein Saulgauer Prädikant als Sympathisant der Täufer verdächtig und wurde vom Truchsess gefangen gesetzt.

Verbreiteter und weniger gefährdet waren die Spiritualisten, die Anhänger von Kaspar von Schwenckfeld. Man könnte sie aus heutiger Sicht als Pfingstler bezeichnen. Schwenckfeld stellte sich gegen die reformatorische Lehre von der Rechtfertigung, hielt die Sakramente nicht für heilsrelevant. Wichtiger sei ein sittlicher Lebenswandel. Er lehnte kirchliche Ordnungen ab und berief sich von der Mystik inspiriert auf fortwährende geistliche Eingebungen. Immer wieder vertrieben, nahmen ihn 1540 die Freiherren von Freyberg auf ihrem Schloss Justingen auf. Bis 1660 als die Freyberger wieder katholisch wurden, gab es in ihrem Dorf Öpfingen keinen Pfarrer, den Gottesdienst versahen die Freiherren und Laien-Älteste.

Der mit den Freybergern verwandte Freiherr von Laubenberg galt als Schwenckfeldianer und unterstützte 1541-45 als österreichischer Landvogt die Reformation.

1545 kam Schwenckfeld nach Kaufbeuren, wo er bei führenden Familien der Stadt wohnte. Seine Anhänger hatten dort 1543/44 die Mehrheit im Rat. Zwar nahm Kaufbeuren 1545 auf Druck der anderen evangelischen Reichsstädte das Augsburger Bekenntnis an, doch ein Prediger wirkte noch jahrelange im Geiste Schwenckfelds.

In späteren Jahren bekannten sich immer wieder angesehene Bürgerinnen als Anhänger Schwenckfels, so in Isny, Lindau und Ravensburg. Noch Ende des Jahrhunderts geriet ein Prädikant in Lindau in Verdacht.

In Memmingen hatte sich gar in 1550er Jahren unter den Grautuchern eine Sekte gebildet, deren Mitglieder die Dreifaltigkeit und die Göttlichkeit Christi anzweifelten. Die Prediger dort klagten, dass „in Stadt und Land viele sich in Winkel und Sekten zurück ziehen, geraten in ein ruchloses spiritistisches Leben, wissen zuletzt nicht was Glauben und Religion sei“.

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