Elmar L. Kuhn

Die Reformation in Oberschwaben


1.4 Die Prädikanten

Aus der Unzufriedenheit mit den Predigten schlecht ausgebildeter Geistlicher wurden in den meisten Reichsstädten und der Donau entlang auch in etlichen Landstädten im 16. Jahrhundert sog. Prädikaturen gestiftet, geistliche Stellen mit der Hauptaufgabe, an Sonn- und Feiertagen, an Freitagen und in der Advents- und Fastenzeit täglich zu predigen. Durch die Lehre des Gottesworts sollten die Gläubigen „zu Gott und zum Guten gebessert“ werden. An diese Geistlichen wurden erhöhte Anforderungen an ihre Bildung gestellt, die Bewerber sollten ein Studium der Theologie oder des Kirchenrechts möglichst mit einem akademischen Grad absolviert haben und ein mustergültiges Leben führen. Gestiftet haben diese Stellen meist reiche Bürger oder begüterte Geistliche mit Unterstützung des Rats, in Residenzstädten wie Sigmaringen und Tettnang gelegentlich auch Landesherren. In Tettnang stiftete Graf Ulrich von Montfort 1515 eine Prädikatur an der Georgskapelle beim Schloss und vereinigte sie mit einer bereits bestehenden Messpfründe, um „durch Unterweisung und Lehre die Menschen zu Gott und Gutem zu bessern“. Aber schon 1519 sah er der Graf die Dotierung als zu gering an und beauftragte den Pfarrer mit der Prädikatur. Dazu solle er einen Helfer einstellen, der „gelehrt und geschickt sei, das Predigtamt zu versehen“. Der Helfer kam offensichtlich billiger als ein studierter Prädikant.

Prädikaturen

1419 Saulgau, Pfarrkirche. Stifter: Nürnberger Stadtarzt Joh. Mesner

Vor 1422: Biberach, Spital. Stifter unbekannt.

1442 Ehingen, Pfarrkirche. Stifter: Rat.

1446 Altheim bei Ulm, Pfarrkirche. Stifter: Dr. Heinrich Neithardt, Münsterpfarrer in Ulm, seit 1430 Domherr in Konstanz.

1453 Kaufbeuren, Pfarrkirche. Stifter: Ulrich Honold, Kaufbeurer Patrizier, ab 1439 Bürger in Augsburg.

1458 Pfullendorf, Pfarrkirche. Stifter: Magister Hans Fluck und Rat.

1460 Wangen, Pfarrkirche. Stifter: Hans Guldin aus Wangen, Domherr in Konstanz, und Rat.

1462 Isny, Pfarrkirche. Stifter: Hans Guldin aus Wangen, Domherr in Konstanz, und Bürger zu Isny.

1470 Mengen, Pfarrkirche. Stifter: Marienbruderschaft und Paul Wild, Pfarrer in Andelfingen.

1474 Kempten, Pfarrkirche St. Mang. Stifter: Ulrich Rist, Kaplan von St. Mang und 1501 Priester Peter Seutter.

1477/1487 Munderkingen, Pfarrkirche. Stifter: Geistlicher und Bürger von Munderkingen.

1479 Memmingen, Pfarrkirche. Stifter: 3 Mitglieder der Patrizierfamilie Vöhlin und Handelsgesellschaft Vöhlin.

1488 Konstanz, Domprädikatur. Stifter: Bischof und Domherren.

1489 Markdorf, Marienkapelle. Stifter: Konrad Tanner mit Frau, Bürger zu Markdorf und Marienbruderschaft.

1497 Sigmaringen, Pfarrkirche. Stifter: Grafen Jörg und Haug von Werden mit Rat von Sigmaringen.

1515 Tettnang, Georgskapelle. Stifter: Graf Ulrich von Montfort

1535 Ravensburg, Spital. Stifter unbekannt.

Nur in Buchau, Buchhorn, Lindau, Ravensburg und Überlingen kam es zu keinen solchen Stiftungen, in Buchau und Buchhorn fanden sich offensichtlich keine potenten Stifter, in Lindau, Ravensburg und Überlingen sorgten die dortigen Bettelordensklöster (Franziskaner in Lindau und Überlingen, Karmeliter in Ravensburg) für ein entsprechendes Predigtangebot.

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