Elmar L. Kuhn

Die österreichische Provinz des Paulinerordens


Die Ökonomie

Die übliche wirtschaftliche Grundlage eines Mönchskonventes bildeten die Einkünfte aus grundherrschaftlichem Besitz. Den Bettel verboten den Paulinern ihre Konstitutionen des 14. Jahrhunderts, damals fristeten sie ihren Lebensunterhalt noch „laboribus manuum suarum“.83Nach den Konstitutionen des 17. und 18. Jahrhunderts befassten sich mit Handarbeit nur noch die Konversen, die Laienbrüder. Über die Art der notwendigen Einkünfte schwiegen sich die nachtridentinischen Konstitutionen aus, sie verpflichteten den Procurator aber zur Aufsicht über „omnes agros, vineas, prata, piscinas, sylvas“, verlangten „ab officialibus villarum, praediorum“ monatliche Rechenschaft und setzten entsprechenden Besitz damit voraus.84

Als Hans von Neidegg 1414 das Kloster Ranna stiftete, soll er es „allodiis, vineis, pratis, sylvis, piscinis“ ausgestattet haben.851454 vermachte er ihm außerdem den Ranna-Hof in Schwallenbach, den Mang-Hof in Weißenkirchen und weitere Güter in Vießling, Mannersdorf, Schafberg und Schwallenbach mit 133 Tagwerk Weingärten. Da König Albrecht II. kurz vorher die Lieferung von jährlich 90 Küfel Salz zugesagt hatte, galt das Kloster als „gut dotiert“.86Mit umfangreichen Baumaßnahmen im dritten Viertel des 17. Jahrhundert verschuldete sich der Konvent und beklagte 1675 seine Armut.87 Im frühen 18. Jahrhundert besaß der Konvent den Meierhof des Schlosses Ober-Ranna, eine Mühle, den Kloster-Meierhof, den Hamat-Hof, das Wirtshaus in Neuhäusel und ein Kleinhaus.88

Über den Besitz von Wiener Neustadt ist außer den Schenkungen der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. wenig bekannt. Friedrich III. schenkte seiner Gründung um 1480 einige Häuser in Wiener Neustadt, eine jährliche Lieferung von 20 Fuder Salz im Wert von 144 Gulden „in oppido Awsee de salis fodio“ und wöchentlich fünf Fuder Holz aus den kaiserlichen Wäldern, 1481 den Burgstall Urschendorf mit allem Zubehör: Bauernhöfen, Mühlen, Weingärten, Weiden und Grundholden sowie ein Haus, eine Hofstatt und Fleischbank in Baden bei Wien, 1491 die Marktmühle in Neunkirchen und 1492 zwei Häuser in Wiener Neustadt, 1493 noch Güter der Burg Haspach.89„Die Pauliner erhielten vom Kaiser in allen Jahren bis zu seinem Tod noch Güterschenkungen in der Umgebung Wiener Neustadts, doch kann die Dotation – der damals finanziellen Situation Friedrichs entsprechend - nicht allzu großzügig gewesen sein.“90Maximilian fügte 1518 eine jährliche Lieferung von „tria vasa vini“ hinzu. Schon im frühen 16. Jahrhundert vermerkte aber der Ordensgeneral Gyöngyösi dazu: „Pro parte possident“ bzw. „Quod non possident“.91Danach setzten Vermächtnisse der Bürger von Wiener Neustadt ein, die in der Summe „einen wesentlichen Faktor in der Wirtschaft des Eremitenklosters ergaben.“ Aber im 16. und 17. Jahrhundert galt der Paulinerkonvent als armes und verschuldetes Kloster, das „mit grossem convent und wenig einkhumens versehen ist“, „weil wir nit haben aecker zu notdurfft“. 1651ließen die Pauliner einen Maierhof vor der Stadt erbauen, den sie 1744 verlegten.921758 wurde eine zum Kloster gehörige abgebrannte Mühle um 3 000 Gulden wieder aufgebaut.93

Die beiden Klöstern in Böhmen und Mähren statteten die Stifter im späteren 17. Jahrhundert mit nicht unbeträchtlichem Grundbesitz aus. Fürst Johann Ferdinand von Liechtenstein überließ 1657 den Paulinern in Mährisch Kromau das Klostergebäude mit Kirche und Schule, die Güter Marschowitz (Morasovice) und Dobrschinsko (Dobrin) sowie eine wohl kaum eintreibbare Hofkammerschuld von 30 000 Gulden, weiterhin 1660 einen Freihof in Dobrschinsko und 1661 die Steinmühle bei Eibenschitz. Seine Frau schenkte einen Hof in Rakschitz (Raksice), 1665 verlieh der Fürst den Mönchen das Braurecht. Aber noch 1666 hielt sich der Konvent für unzureichend fundiert.941691 überließ Fürst Maximilian dem Konvent den Zehnten von Rakschitz und Dobrschinsko und 1705 6000 Gulden für eine Messstiftung sowie eine Hofkammerschuld von 10 000 Gulden. 1711 stiftete die Fürstin 1100 Gulden für Messen. Nach den Worten des Ordenschronisten Mathias Fuhrmann „Hat das Closter unsers Ordens zu Crumau in Mähren … dem gesambten Hoch-Fürstlichen Liechtensteinischen Hause … alles und alles, was ernanntes Closter bißher besessen und annoch besitzet, zu zuschreiben“.95Bei der Aufhebung wurde das Vermögen des Klosters auf 60 075 Gulden taxiert.

Der Weihbischof von Prag Thomas Pessina de Csehorod vermachte 1677 zur Stiftung des Klosters Oboriste (Obořiště, Přibram)sein dortiges Gut im Wert von 20 000 Gulden, eine Kapitalschuld von 10 000 Gulden, die Bibliothek mit allen Büchern und den Mobilien für die Ausstattung der Gebäude.

Ganz anders sahen die Ausstattungen der Gründungen des 18. Jahrhunderts, von Maria Trost und Hernals, aus. Dort bekamen die Pauliner nur die jeweils zum Zeitpunkt der Stiftung bestehenden Bauten übereignet. In Maria Trost mussten der Stifterfamilie 1719 sogar noch 2000 Gulden im Rahmen eines Vergleichs bezahlt werden. Beide Klöster verfügten über keinen Grundbesitz „außerhalb ihrer Dachtraufen“, „neque bona, sed neque capitalia“, wie der Provinzialprior dem Generalkapitel berichtete. Maria Trost hätte „bißher durch 24. Jahr ohne Fundation aus Providenz des Allerhöchsten und gute Marianisch-Paulinische Sorghaberin, wie auch durch hilffs-Leistung und Beytrag guthertziger Gönner und Patronen biß her alles gute auf- und zunehmen gehabt“ und auch Hernals sei, „da ingleichen ohne Fundation aus Göttlicher Vorsorge und guter Freunde unterkommender Hülffe … zu mehrerm Aufnahm befördert und erhalten“ worden.96Beide Klöster lebten ausschließlich von den Spenden der Wallfahrer und vermögenden Stiftern. In Kriegszeiten waren diese Klöster besonders gefährdet, da die Spenden zurück gingen, die Lasten aber zunahmen. 1760 soll aber Maria Trost ein Stiftungsvermögen von wohl in Krediten angelegten 14 699 Gulden besessen haben.

Als 1698 erwogen wurde, die österreichischen und ungarischen Klöster zu einer Provinz zusammen zu vereinigen, sollten zur „corbona communis“, der gemeinsamen Kasse der Provinz, Mährisch Kromau und Oboriste je 8 Gulden, Ranna 5 Gulden und Wiener Neustadt wohl wegen seiner zentralen Aufgaben nur 4 Gulden beisteuern. Das böhmische und das mährische Kloster waren folglich am besten dotiert.97

Leider sind in den Acta generalia nur zwei Übersichten über die Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Klöster überliefert. Sie verzeichnet die durchschnittlichen Beträge in den Jahren 1732-35 und 1735-38 aus Anlass der Provinzvisitationen:98

Kloster

Einnahmen

Ausgaben

Saldo


1732-35

1735-38

1732-35

1735-38

1732-35

1735-38

Ranna

3028

3105

2963

3o48

65

57

Wiener Neustadt

2938

4557

3537

4556

-599

1

M. Kromau

1703

1893

1655

1816

48

26

Oboriste

2999

4528

2802

4394

197

134

Maria Trost

5325

8507

5146

8387

179

120

Hernals

2919

2634

2609

2545

310

89

Klöster Durchsch.

3152

4204

3119

4124

33

80

Provinzial

2743

6191

2874

5734

-131

458

Zus. errechnet

21 655

31 415

21 586

30 480

69

935

Zus. lt. Quelle

21 456

31 415

21 586

30 447

-161

968

Man kann aus zufälligen Zahlenreihen nur mit größter Vorsicht Schlüsse ziehen. Immerhin ist zu ersehen, dass die Spenden der Wallfahrer die fehlenden Einkünfte aus Vermögen mehr als auszugleichen vermochten. Auch aus verschiedenen Umlageschlüsseln der einzelnen Klöster ergibt sich, dass Maria Trost über die höchsten Jahreseinkünfte verfügte. Im Durchschnitt entsprachen die Einnahmen der Klöster der österreichischen Provinz etwa denen der drei formierten Konvente der schwäbischen Provinz, die allerdings fast ausschließlich aus deren Grundherrschaft stammten, mit Ausnahme von Bonndorf, das im wesentlichen von den Pfarreinkünften lebte.

Die meisten österreichischen Klöster konnten zusätzlich zu ihren regulären Einnahmen mit namhaften Stiftungen vor allem von Adelsfamilien meist für die Ausstattung ihrer Kirchen rechnen, anders als die schwäbischen Klöster, die ihre entsprechend wesentlich einfacheren Bauten und Ausstattungen weitgehend aus den regulären Einnahmen zu bestreiten hatten.

In Ranna stiftete 1665 der Hofkammerdirektor Klemens von Radold 1000 fl. für ein Messstipendium, wenig später eine Elisabeth Forestin 6000 Gulden für vier neue Altäre der Klosterkirche.99Der letzte Namensträger der Stifterfamilie, Ferdinand Freiherr von Neidegg, vermachte 1726 dem Hauskloster seiner Familie 4 000 Gulden für ein jährliches Requiem.100

In Wiener Neustadt ermöglichten im 17. Jahrhundert vor allem reiche Bürgersfrauen die Ausgestaltung der Klosterkirche,101im 18. Jahrhundert trat der kaiserliche General und Feldmarschall Johannes de Caraffa, Konfrater der Pauliner, mehrfach als Stifter auf: 1734 für eine silberne Lampe in der Marienkapelle, 1735 für goldene Kronen des Maria Hilf-Bildes im Wert von 1200 Gulden, 1737 eine zweite silberne Lampe in die Marienkapelle, 1738 ebenfalls eine silberne Lampe für die Kapelle der fünf Wunden Christi. 1756 ließ eine Gräfin von Rogendorf eine silberne Lampe am Altar des hl. Vincentius anbringen.102 Herzog Leopold von Holstein, verheiratet mit einer verwitweten Fürstin von Liechtenstein, soll mit „neuen Fundationen und Stiftungen, … alljährlich ertheilenden grossen Gnaden und besonders beständig geneigter Gunst“ den Wiener Neustädter Konvent unterstützt haben.103

In Mährisch Kromau sorgten die Fürsten von Liechtenstein als Ortsherren und Klosterstifter über Jahrzehnte hinweg für die Verschönerung der Klosterkirche. Sie ermöglichten den Wiederaufbau der 1686 abgebrannten Klostergebäude mit Hilfe des mährischen Landestribunals und der Stadt Eibenschitz. 1688 ließ der Fürst die Kapelle zu den hl. Sebastian, Rochus und Rosalia, 1693 die Marienkapelle an die Klosterkirche anbauen, 1701-02 ließ er den Hochaltar und später den Altar der hl. Thekla errichten, 1748 den Turm der Klosterkirche erhöhen. Die Fürstin gab 1751 als „singularis nostra benefactrix“ das Geld für den neuen Dreikönigsaltar und ließ 1760 die Marienkapelle ausbessern, dazu kamen mehrfach Stiftungen von Messornaten, Paramenten und Kelchen.104

Für Oboriste wirkten die Fürsten von Mansfeld als Wohltäter. Sie lieferten um 1710 das Holz für den Kirchturm der Klosterkirche und 1732 für das Konventsgebäude. 1729 konnte dank der Fürstin der Altar des Ordenspatrons, des hl. Paulus von Theben, vergoldet werden, 1732 stiftete sie die Ausschmückung der Kirche mit „pictura eleganti“, der Fürst ließ 1735 um 300 Gulden den Marienaltar und die Kanzel vergolden.105

Für den Kirchenbau in Maria Trost hatte 1716 der Kaiser selbst 3000 Gulden gestiftet. Für den Hochaltar sagte 1716 Franz Anton Graf von Wagensberg, Fürstbischof von Chiemsee, der vorher als Bischof von Seckau die Entstehung der Wallfahrt verhindern wollte, 3 000 Gulden zu. Den Bau der Seitenaltäre ermöglichten steirische Adelsfamilien: Fürstin von Eggenberg, Gräfinnen von Heyster geb. Kaunitz und von Dietrichstein, Grafen von Attems, von Leslie, von Morelli und von Wurmbrandt, Barone von Stadl und von Zierenfeld. 1731 stiftete die Herzogin von Savoyen, geb. Fürstin von Liechtenstein, 1500 Gulden für zwei Kronen mit Edelsteinen für das Marienbild, 1732 weitere 6 000 Gulden. Die Kosten der 1752 begonnenen Ausmalung der Kuppel der Kirche sollen durch einen niederösterreichischen Landstand und einen Hofkriegsrat übernommen worden sein. Zum Bau der Orgel gab 1756 ein Balthasar Schröckenfux 2 000 Gulden, 1769 ermöglichte er den Figurenschmuck der Kanzel.106

Für den Bau des Kalvarienberges in Hernals hatte die Wiener Bruderschaft der 72 Jünger Christi 80 000 Gulden aufgebracht. 1731 ließ ein anonymer Spender die Kreuzwegstationen restaurieren. In „die erste Reihe seiner Gönner“ setzte der Hernalser Konvent den bereits als Gönner von Wiener Neustadt bekannten Herzog Leopold von Holstein, der 5 000 Gulden 1738 und 7 000 Gulden 1743 vermachte. 1768 und 1772 schenkten die Fürstin von Liechtenstein, die Gräfinnen von Daun und von Saura Ornate und Paramente.107

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