Elmar L. Kuhn

Die österreichische Provinz des Paulinerordens


Die Entstehung

Bis 1700 gab es im Paulinerorden nur die Provinzen Polen, Schwaben und Istrien. Die anderen Klöster in Ungarn, Kroatien, Österreich, Böhmen und Mähren unterstanden direkt dem Generalprior. Seit 1693 betrieben die kroatischen Konvente ihre Trennung von den Ungarn und die Bildung einer eigenen Provinz, wogegen sich die Ungarn wehrten. Beide Parteien wurden in Rom vorstellig. Zweimal, 1695 und 1697, lehnte die Kongregation pro propaganda fide eine Änderung ab und ordnete schließlich 1699 eine geheime Befragung durch zwölf Deputierte des Ordens an, je zwei aus den bestehenden Provinzen und aus Ungarn, Kroatien und „ex Germania“. Auf Grund des Votums dieser Deputierten schlug der Wiener Nuntius die Bildung einer deutsch-ungarischen und einer kroatischen Provinz vor, mit dem Amt des Generalpriors sollte nicht mehr die Leitung einer Provinz verbunden sein. Rom entschied etwas anders, es stimmte der Bildung zweier neuer Provinzen zu, aber einer aus den ungarischen Konventen, „alteram vero ex conventibus Germaniae & Croatiae“. Die Ungarn hatten es abgelehnt, dass das Amt des Provinzialpriors alle drei Jahre zwischen einem Ungarn und einem „Deutschen“ wechselte, während sich die Kroaten mit einem regelmäßigen Wechsel in der Leitung der Provinz einverstanden erklärt hatten. Zur neu gebildeten „provincia Croato-Austriaca“ zählten 1700 in Kroatien die Klöster Lepoglava, Remete bei Zagreb, Čakovec, die Residenzen (nicht formierten Konvente) Svetice und Križevci, „in Austria“ die Klöster Ranna, Wiener Neustadt, Mährisch Kromau, Olimje „in Styria“, jetzt in Slowenien, und die Residenz Oboriste in Böhmen.

Aber schon beim ersten Provinzkapitel der neugebildeten kroatisch-österreichischen Provinz legten die Kapitularen, „Dei beneficio & sedis apostolicae gratia … conjuncti … ac fraternae dilectionis & charitatis vinculo colligati“ bereits die Grenzen fest, falls es zu einer Teilung der Provinz käme. Zur Überraschung der Kroaten erschienen zum vierten Provinzkapitel 1710 von österreichischer Seite nur noch der Provinzialprior, ein Österreicher, und sein Sekretär und legten den versammelten kroatischen Kapitularen ein offenbar insgeheim erwirktes Dekret des Wiener Nuntius vor, wonach „conventus nationis Austriacae … a coenobiis partium Croatiae“ zu trennen seien und zwei getrennte Provinzen zu errichten seien. Das entsprach auch den ursprünglichen Wünschen der Kroaten, die deshalb keine Einwände erhoben, sie beanspruchten nur wegen der größeren Zahl ihrer Mönche „honor praecedentiae“ und die Zugehörigkeit des Konvents Olimje zu ihrer Provinz.119Die österreichische Provinz erhielt die offizielle Bezeichnung „provincia Germano-Austriaca“ im Unterschied zur „provincia Germano-Rhenana“, die meist kürzer „provincia Suevica“ genannt wurde. Sie war schon 1340 als „per Teutoniam“ oder „Alemannia“ gebildet worden und damals die erste Provinz des Paulinerordens überhaupt.

Copyright 2024 Elmar L. Kuhn