Elmar L. Kuhn

Oberschwäbische Modelle


Peter Hersche und das katholische Europa

Peter Hersche holt weiter aus, ihm stellt sich Europa des 17. und 18. Jahrhunderts als „eine Welt von zwei gänzlich verschiedenen und in erster Linie konfessionell geprägten Kulturen“ dar (892)28. Die von ihm rekonstruierten Wesenszüge des katholischen Europas im Barockzeitalter sind die Wesenszüge des katholischen Oberschwabens, und es sind Wesenszüge einer menschlicheren Gesellschaft. Ich zitiere einige Thesen: „Barock ist eine Kultur, die Traditionen setzt und Stabilität sucht, nicht Veränderung und schon gar nicht ‚Fortschritt‘ (944). Barocke Religiosität ist … auf alle Sinne ausgerichtet, sicht-, hör- und greifbar. … Sie prägt den ganzen Alltag des Individuums wie der Gemeinschaft“ (944). „Die barocke Ökonomie ist nicht profit-, sondern bedarfsorientiert; sie denkt vom Agrarischen er und setzt den Primat bewusst auf die Landwirtschaft, in zweiter Linie auf das Handwerk“ (945). „Barock ist eine Kultur der Muße. … Mußepräferenz ist ein Leitwert aller sozialer Schichten“ (946). „Barock ist Nichtmodernisierung, ‚intendierte Rückständigkeit‘. Es ist auch eine Widerstandskultur, weil er … Stabilität zur Maxime erhebt“ (947). Die ‚glückhafte Rückständigkeit‘ wird hier auf den Begriff gebracht.

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