Elmar L. Kuhn

Die Gesellschaft Oberschwaben 1945-49


„Die oberschwäbische Idee hat der heutigen Welt viel zu sagen“

Aulendorf war im Zeitalter der Eisenbahn, also etwa ein Jahrhundert lang,  d e r Verkehrsknotenpunkt Oberschwabens. Es gebe kaum jemand in Schwaben, „der nicht einmal in seinem Leben in Aulendorf durchgefahren oder umgestiegen wäre!“, schrieb die Stuttgarter Zeitung am 3. 11. 1949. Wenn sich die Vertreter oberschwäbischer Vereine, Verbände, Parteien und Organisationen treffen wollten, wählten sie dieses von allen Seiten mit der Bahn leicht erreichbare Dorf mit seinen etwa 4000 Einwohnern, das erst 1950 zur Stadt erhoben wurde, als Tagungsort. So wurden hier etwa 1946 die CDU Württemberg-Hohenzollern und der Verband der Händler landwirtschaftlicher Maschinen in der französischen Zone, 1948 die katholische Stefanus-Gemeinschaft und der Oberschwabengau im Sängerbund gegründet, trafen sich 1946 die oberschwäbischen Konditoren und evangelischen Diasporachristen (*Sachs 2002, S. 264f.).

Über diese Funktion als beliebte, aber je vorübergehende Tagungsstätte war Aulendorf im „geschichtlichen Tiefpunkt“ nach dem zweiten Weltkrieg eine dauerhaftere Aufgabe zugedacht (°Messerschmid 1946, S. 14). „Am 25. Juli 1945 hat der Landesdirektor für Kultus, Erziehung und Unterricht in Württemberg ... Herrn Josef Rieck beauftragt, in Aulendorf einen kulturellen Mittelpunkt für Oberschwaben einzurichten... Das Schloß in Aulendorf soll zu einem Treff- und Sammelpunkt der geistigen Kräfte ausgebaut werden, die an einer grundlegenden Neuorientierung unseres sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens verantwortungsvoll arbeiten. ... Hier wird ein freier geistiger Tauschplatz entstehen, der es ermöglicht, ohne Abschweifungen die notwendigen Fragen zu erörtern, zu grundlegenden Einsichten vorzustoßen und Übereinstimmungen zu erzielen“ (°Kuhn, S. 301f.).

Der Ravensburger Landrat Hermann Bendel (*Falk 1996, Bendel. *Raberg 2002, Bendel) hatte es in einem Schreiben vom 12. 9. 1945 zurückhaltender formuliert: „Das Unternehmen soll ein Mittelpunkt zur Erhaltung heimatlichen Kulturguts, zur Pflege internationaler Kulturbeziehungen und zum Aufbau wissenschaftlicher Institutionen werden.“

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