Elmar L. Kuhn

Oberschwäbische Modelle


Theodor W. Adorno

Dialektik der Rückständigkeit

Wir können auch in Oberschwaben keine isolierte Idylle bewahren. Irgendwo müssen die Autos gebaut werden, die auch die Oberschwaben fahren wollen. In den regionalen Planungen werden die Aussagen etwa über die zu erhaltende „Natur als Lebensraum“ und die „Vielfalt der Kulturlandschaft“31 meist rasch beiseite geschoben bei entgegenstehenden wirtschaftlichen Interessen. Auch für eine Region gilt, dass es „kein richtiges Leben im falschen“ gibt.

Adorno trifft eine Wunde, wenn er dem Lob der Rückständigkeit „ein Moment der Verlogenheit“ unterstellt. „Gegenden ohne Fabriken, zumal solche eines einigermaßen unerschütterten Katholizismus, gewinnen durch ihren Seltenheitswert Monopolcharakter und werden selber Luxuswaren, Komplement zum Industrialismus, in dessen Mitte sie gedeihen.“32Im „gegenwärtigen Stadium der Industrialisierung [bekommen] gewisse kleinstädtische oder bäuerliche Verhältnisse gerade deshalb, weil sie zum Tode verurteilt sind, eine Art von versöhnlichem Glanz ...und [heftet] Sehnsucht an sie sich“33. Diese Verhältnisse leben „gleichsam nur von Gnaden der Duldung des Industrialisierungsprozesses“ noch34.

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