Elmar L. Kuhn

Oberschwaben und das Konzil von Konstanz 1414-1418


Ausflügler

Aber nicht nur kamen Teilnehmer und Zuschauer aus ganz Europa und darüber hinaus nach Konstanz. Gelegentlich unternahmen die Teilnehmer auch Ausflüge in die Umgebung und über den See. Vom 24. Juni bis 6. Juli 1415 hielt sich der König in Überlingen auf und verlieh der Stadt das Münzrecht. Wenig erfreuliche Erfahrungen bei einer Mai-Exkursion 1416 oder 1417 nach Überlingen berichtet Oswald von Wolkenstein, Tiroler Adliger und einer der letzten Minnesänger, in einem Scheltlied:

„Wer sein Geld verplempern will
keine Hemmung dabei kennt,
frag sich durch nach Überlingen: …
Fleisch ist mickrig, Kraut in Haufen,
klein die Schüssel, die reihum geht,
hungrig bleiben die Kumpane,
die draus löffeln.
Wassermus aus einer Pfanne,
Bratenstücke klein,
Wildbret, Fisch „sind aus“: …
Wein so süß wie Schlehensaft
Rauht mir meine Kehle auf,
dass es den Gesang vegrätzt! …
Saurer Pansch-Wein
Zieht das Maul mir kraus!...
Sehr geschickt war dort der Wirt,
schied das Gold vom Beutelleder,
schon am Bett hat sichs gezeigt:
nahm zwölf Pfennige pro Feder!...
Keine Spur von Perlenschimmer
Spangenglanz
Bei dem Tanz in Überlingen –
Nichts von höfischem Dekor!“

Nicht ihr Vergnügen, sondern Bildungsschätze suchten andere Konzilsteilnehmer, Humanisten, oft päpstliche Sekretäre. Sie stöberten in den Bibliotheken der umliegenden Klöstern nach Handschriften antiker Autoren und wurden auch fündig. Dort, wo niemand diese Schriften schätzte und wohl auch niemand mehr verstand, aus diesen „Klostergräbern“ rettete der Poggio Bracciolini nach seinem Verständnis die Texte der Antike aus „Dunkel, Schmutz und Ungeziefer, Unkenntnis und Barbarei“. Er entdeckte Werke von 20 Autoren, darunter bisher unbekannte Reden Ciceros. Fündig wurde er in St. Gallen, Einsiedeln, auf der Reichenau und wohl auch Weingarten. Der Verlust wurde in den Klöstern gar nicht registriert.

Zwei weitere Male überquerte der König den See, um sich diesmal auf der bischöflichen Meersburg aufzuhalten. Ende Juli 1417 flüchtete Sigismund aus Ärger über eine Niederlage gegen die Kardinäle nach Meersburg, ließ sich aber von zwei Kardinälen bewegen, am 26. Juli 1417 wieder zurückzukehren, um der Verkündigung der Absetzung des widerspenstigen Papstes Benedikt XIII. beizuwohnen. Vom 14. – 16. April 1418 verhandelte der König in Meersburg mit Herzog Friedrich von Österreich über eine Versöhnung. Die Gespräche führten dort noch zu keiner Einigung, erst nach einem weiteren Treffen in Münsterlingen.

     

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