Elmar L. Kuhn

Oberschwaben und das Konzil von Konstanz 1414-1418


Folgen und Ausblick

Ich fasse zusammen: Die geistlichen Würdenträger Oberschwabens spielten auf dem Konzil keine Rolle. Aus dem regionalen Adel ragten nur die Grafen von Nellenburg und Lupfen, die Brüder Bodman und mit Einschränkungen Graf Rudolf von Montfort heraus. Sie nahmen auf dem Konzil organisatorische Aufgaben wahr, ihnen wurden repräsentative Auftritte ermöglicht und sie betrieben aktiv die Eroberung der österreichischen Gebiete 1415. Hauptnutznießer war das Haus Waldburg, das die oberschwäbische Landvogtei verliehen bekam.

Nicht so sehr die kirchlichen Entscheidungen des Konzils, sondern die politischen Vorgänge in Konstanz hatten die wichtigsten Folgen für Oberschwaben. Dass die einzelnen Herrschaften in Oberschwaben ihren Weg zur Bildung von reichsunmittelbaren Kleinstaaten weiter verfolgen konnten, war wesentlich ein Ergebnis der Niederlage Herzog Friedrichs gegen den König auf dem Konstanzer Konzil und der anschließenden Schwächung Österreichs.

Nachdem die Habsburger nach dem Tod Sigismunds 1438 durchgehend mit einer kleinen Unterbrechung bis 1806 den Königs- und Kaiserthron des Reichs besetzten, konnten sie in der Folgezeit ihre Hausinteressen gestärkt durchsetzen. Im 15. Jahrhundert hinderte sie noch die Teilung in verschiedene Linien und gegensätzliche Interessen der Habsburger auf dem Thron und in den Vorlanden. Dann aber war der reichsunmittelbare Status der oberschwäbischen Herrschaften im wesentlichen gesichert, eine formelle Oberherrschaft Österreichs nicht mehr durchzusetzen.

Es war eine Zeit des Wohlstands für die Bauern und für die Stadtbürger. Aber mit der Bevölkerungszunahme im späteren 15. Jahrhundert konnten die Herrschaften wieder verstärkt Druck auf die Bauern ausüben. Der Bauernkrieg sicherte dann trotz der bäuerlichen Niederlage die Stabilität der ländlichen Verhältnisse noch für drei Jahrhunderte. Die städtische Wirtschaft prosperierte noch ein Jahrhundert, bis ihre Dynamik im 16. Jahrhundert erlahmte.

Das Schisma wurde in Konstanz beendet, aber letztlich ist das Konzil in Konstanz gescheitert. Mit den Hussiten entstand eine neue, häretische Kirchenspaltung. Einige Jahrzehnte später kam es auf dem Konzil von Basel zu einem neuen, kürzeren Schisma. Die Renaissancepäpste standen in ihrem Lebenswandel und ihren finanziellen Interessen nicht hinter ihren Avignoneser Vorgängern zurück. Die strukturellen Probleme der Kirche verschärften sich eher, abgesehen von bescheidenen Reformansätzen in den Orden.

Hauptverdienst des Konzils, allerdings bislang ein utopisches Vermächtnis, ist das Dekret „Haec sancta“. Hier wurde die Überordnung des Konzils über den Papst verkündet, was ja in den orthodoxen Kirchen schon immer geltende Norm ist. Und wenn in Konstanz an den Konzilssitzungen im Münster auch Laien, wenn auch nur gehobenen Standes, teilnehmen konnten, war man auch damit schon weiter als heute.

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