Der Architekt Hugo Häring, geboren 1882 in Biberach, 1904-1914 in Hamburg, 1919-1943 in Berlin tätig, seither wieder in Biberach, setzte sich in zahlreichen Schriften für das „neue bauen“ ein, grenzte aber sein „organhaftes“ Verständnis vom geometrischen der Bauhaus-Schule ab (*Jones 1999. *Moser/Braungardt 2002, S. 214, 221). In der Gesellschaft Oberschwaben trug er bei einer Landräte- und Bürgermeistertagung am 20. August 1946 seine Ideen zur anstehenden Raumplanung vor und organisierte dann mit Alfons Leitl zwei Tagungen 1946 und 1948 für Architekten und Städtebauer. Als einziger Organisator von Fachtagungen war er in das Kuratorium als Leitungsgremium der Gesellschaft eingebunden und nahm auch an den Sitzungen aktiv teil. Sein „bekenntnis“ auf der Architektentagung am 26. oder 27. September 1946 in Aulendorf, „daß die arbeit, die wir in unserem beruf leisten, einer geistigen verpflichtung zu genügen hat“, wurde vom Bund deutscher Architekten im folgenden Jahr in einer Broschüre publiziert (°häring 1947. *Moser/Braungardt 2002, S. 220ff.). Dagegen wurde seine Rede im August 1946 über den „werkraum oberschwaben“ erst 1961 vom ehemaligen rührigen Kuratoriumsmitglied Dr. Walter Münch, nun Landrat von Wangen, veröffentlicht wurde (°Häring 1961). Dennoch muss sie angesichts der aktiven Rolle Härings in der Gesellschaft als programmatischer Text ernst genommen werden.
Nach Häring „steht dem denkraum, den der grieche eingerichtet hat, ... die erkenntnis der materiellen welt ... seit CHRISTUS ein anderer raum gegenüber, in dem die seelisch-geistige wesenheit des menschen lebt. der abendländische mensch lebt in zwei räumen“ (8). Es gehe nun „um die überwindung dieser kluft“, dass der Mensch „sich der autorität des geistes, der autorität GOTTES unterstelle“. Raumplanung müsse als „werk des geistes gewollt“ sein (9). Dazu müsse man feststellen, welches „pensum“, welch besondere Aufgabe einer Landschaft als Kulturraum auferlegt sei, „dieses pensum eben macht erst den kulturraum“ (10). Als Objekt der Planung wird der Kulturraum zum „werkraum“. „in der tradition unseres kultur- und werkraumes sind wichtige hinweise auf sein pensum enthalten“. Dieses „pensum“ sei hier durch die Gründung der Klöster Reichenau und St. Gallen vorgegeben. „In die soziale ordnung, die hier entstand ... leuchtete die hohe idee von einem gotteskönigtum herein, ... d.h. von einer geistgesetzten und geistgewollten politischen ordnung. Diese vorstellung der politischen ordnung ist in diesem werkraum immer lebendig geblieben und ihm in hohem maße eigentümlich. ...in diesem raum (wurde) demokratie nicht verstanden als die herrschaft der masse volk, sondern immer als die herrschaft des geistes, als die herrschaft GOTTES.“ (12f.) Durch den Zuzug „geistiger arbeiter“ sei wiederum um den Bodensee, auf den sich Häring mehr als auf Oberschwaben bezieht, „ein werkraum der geistigen arbeiter“ entstanden (13). Deshalb sei es „das pensum unseres werkraums“, „eine groß-siedlung als eine werksiedlung geistiger arbeiter auszubauen (14).
Mit diesen Vorstellungen einer Theokratie und eines Landschafts-Essentialismus radikalisierte Häring einige Züge des naturrechtlich geprägten Weltbildes des Fürsten Waldburg-Zeil noch . Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb man den Fürsten Ende 1947 aus dem Kuratorium drängte, aber Häring zum gleichen Zeitpunkt in das Kuratorium aufnahm.