Die Herrschaftsrechte, Grund-, Leib-, Gerichts- und Zehntherrschaft, waren in dieser Zeit noch sehr zersplittert. Wer seine Herrschaft zu einem wenn auch kleinen Staatsgebilde ausbauen wollte, musste in einem Bereich möglichst viele Herrschaftsrechte in seiner Hand vereinen. Hauptinstrument war in weiten Teilen Oberschwabens die Grundherrschaft, im Allgäu und im südlichen Oberschwaben oft die Leibherrschaft. Gelang es, Hauptgrundherr oder Hauptleibherr an einem Ort zu werden, war damit meist das Niedergericht, das entscheidende Herrschaftsrecht verbunden. Um erneute Zersplitterung zu verhüten, suchten nun die Herrschaften allgemein die Leibeigenschaft durchzusetzen, den Untertanen war nun der Wegzug verboten und sie durften nur Leibeigene des eigenen Leibherrn heiraten. Entfernt wohnende Eigenleute tauschte man ein gegen in der eigenen Herrschaft wohnende Eigenleute anderer Leibherren. Dieser Prozess der Verdichtung der Herrschaften zu Kleinstaaten, der sog. Territorialisierungsprozess, der erst mit dem Erwerb auch des Hochgerichts abgeschlossen war, begann im 14. Jahrhundert, zog sich aber weit ins 16. Jahrhundert hinein. Der sog. „Allgäuer Gebrauch“, d. h. der Anspruch von Leib- und Grundherren auf Gerichtsbarkeit über in anderen Territorien verstreut wohnende Eigenleute und Grundholden, ließ aber oft noch lange keine klaren Grenzziehungen zwischen flächenmäßig geschlossenen Kleinstaaten zu. Um den Aufbau solcher Kleinstaaten konkurrierten in Oberschwaben der Adel, verschiedene Klöster, die Reichsstädte und schließlich Österreich.
Gute Voraussetzung für diesen Territorialisierungsprozess besaßen die oberschwäbischen Grafenfamilien mit ihren bereits flächenhaft abgegrenzten Grafschafts- und damit Hochgerichtsgebieten. Das waren
südlich von Ulm die Grafen von Kirchberg,
an der oberen Donau die Grafen von Werdenberg-Sargans mit ihren Grafschaften Sigmaringen und Veringen,
nördlich des Bodensees die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg mit ihrer Grafschaft Heiligenberg,
östlich angrenzend die Grafen von Montfort-Tettnang mit der Grafschaft Tettnang, der Grafschaft Friedberg-Scheer an der Donau und der Herrschaft Rothenfels im Allgäu,
im Hegau die Grafen von Nellenburg und
im Klettgau die Grafen von Lupfen mit der Landgrafschaft Stühlingen.
Gleichen Ranges als Edelfreie waren die Herren von Zimmern mit ihrer Herrschaft Meßkirch. Als ehemalige Ministerialen formal nur niederen Adels, aber mit ihrer erfolgreichen Erwerbspolitik verfügten die Truchsessen von Waldburg über einen größeren Herrschaftskomplex als ihre gräflichen Nachbarn. Truchsess Johann von Waldburg vereinte um 1400 in seiner Hand die Herrschaften Waldburg, Waldsee, Wolfegg, Wurzach, Zeil, Bussen und die fünf Donaustädte. Gleicher ministerialischer Herkunft waren die Herren von Königsegg mit ihren wesentlich bescheideneren Herrschaften Königsegg und Aulendorf.
Die Grafschafts- und Hochgerichtsrechte reichten allerdings zur Bildung einer geschlossenen Landesherrschaft nicht aus. Dazu mussten die Hochgerichtsherren auch jeweils möglichst geschlossene Gebiete von Grundherrschaften oder Leibherrschaften in ihren Grafschaften und Hochgerichten erwerben.
Das gelang ihnen in der Regel nur in einem Teil ihrer Graf- und Hochgerichtsherrschaften. Die Grafen von Montfort verfügten in ihrer Grafschaft zwischen Laibach und Schussen über Grundbesitz und Eigenleute zunächst wohl nur im Kerngebiet um Tettnang. Sukzessive verdichteten sie ihren Besitz durch Käufe von Grundherrschaften, Eigenleute und niederen Gerichtsrechte, schon beginnend um 1290 Langenargen, um 1300 der Herrschaften Summerau, Liebenau und der Vogtei Hirschlatt, 1330 der Vogtei Meckenbeuren, um 1330 der Herrschaft Schomburg (wieder verkauft 1408), um 1360 der Burg Ried bei Tettnang, 1384 von Hegne, 1386 der Herrschaft Wasserburg, 1389 der Klosterherrschaft Langnau und 1420-47 der Herrschaft Brochenzell. Erfolglos blieben sie im Osttteil ihrer Grafschaft, wo die Reichsstädte Lindau und Wangen die Niedergerichtsherrschaft erwarben. Pfahl im Fleische ihrer Landesherrschaft blieb auf Dauer die Herrschaft Gießen-Laimnau, die 1388 und 1405 das Spital Lindau erworben hatte. Noch lange blieben die Herrschaftsverhältnisse zersplittert und unübersichtlich. So gelangte mit Gießen ein Streubesitz von Lehenhöfen und Eigenleuten an das Spital Lindau, über die das Stadtgericht von Lindau bis ins 16. Jahrhundert die Gerichtshoheit beanspruchte, auch wenn die Eigenleute im montfortischen Herrschaftsgebiet saßen. Um das Gericht in Gattnau, wo das Spital drei Höfe und eine Mühle erhalten hatte, stritten sich das Spital und die Grafen von Montfort, die sich schließlich durchsetzten.
Bei diesem Prozess der Herrschaftsverdichtung blieb ein Großteil des niederen Adels auf der Strecke. In der Schere zwischen wachsendem Ansprüchen für eine repräsentative Lebensführung, sinkenden Einnahmen und dem Druck mächtigerer Nachbarn mussten viele sukzessive ihre Herrschaftsrechte an erfolgreichere Konkurrenten, an Klöster, Städte und Bürger verkaufen. Beispiele hier um 1400 sind die Herren von Ebersberg, die die Herrschaft Wasserburg 1386 an die Grafen von Montfort und die Herren von Wolfurt, die ihre Herrschaft Gießen 1405 an das Spital Lindau verkaufen mussten.
Die Klöster hatten schon bei ihrer Stiftung beträchtlichen Besitz übereignet bekommen, der aber unter der Gerichtsherrschaft ihrer Vögte stand. Durch weitere Schenkungen und später vor allem Käufe konnten sie ihre Grundherrschaften erweitern. Wenn es den Klöstern gelang, die Vogtrechte selbst zu erwerben konnten sie bis zum Ende des 15. Jahrhunderts die Anerkennung als reichsunmittelbare Territorien und damit als Reichsabteien erreichen. Seit dem 14. Jahrhundert kauften sie kaum mehr Güter an, mit denen nicht auch Herrschaftsrechte verbunden waren, um ihren Besitz zu sichern. Den Klöstern Weingarten und Weißenau mussten die Grafen in Verträgen 1476 und 1529 zugestehen, dass sie Streitfälle über ihre Güter und Eigenleute in der Grafschaft Tettnang selbst entschieden.
Das Zisterzenserkloster Salem erwarb rasch einen weit gestreuten Grundbesitz und arrondierte seinen Besitz systematisch. Im Umfeld des Klosters bemühte es sich möglichst alle Herrschaftsrechte in seiner Hand zu vereinen. So ließ es sich zwischen 1213 und 1315 von den Verkäufern auch die niedergerichtlichen Rechte in neun Dörfern um das Kloster abtreten, die es später zur „Herrschaft unter den Bergen“ zusammenfasste. Die Rechtsprechung überließ das Kloster Vertretern seiner Untertanen, den „Sidelrichtern“. Den Grafen von Heiligenberg blieb nur die Blutgerichtsbarkeit. Von Anfang an nur unter königlicher Schirmvogtei,
Manche wie das Kloster Rot oder die Reichenau gerieten aufgrund eines Zerfalls der inneren Disziplin auch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so hatte Rot 1401 alle Güter verloren und musste unter Administration des Ordens gestellt werden.
Folgende oberschwäbischen Klöster erreichten bis ca. 1500 die Reichsunmittelbarkeit:
Benediktiner
Prämonstratenser
Zisterzienser
Deutscher Orden
Damenstifte
Ein Beispiel für ein Kloster, das trotz günstigen Startbedingungen nicht zu einer Landesherrschaft gelangte, ist das Paulinerkloster Langnau. Der Propst des vormaligen Benediktinerklosters hielt im 14. Jahrhundert noch selbst Gericht auf den klösterlichen Kelhöfen, allerdings im Beisein des gräflichen Vogts, der den Stab übernahm, wenn es um Fälle des Blutgerichts ging. Im 15. Jahrhundert konnten die Richter des Klosters nur noch über die Lehengüter des Klosters richten, auch soweit sie außerhalb der Grafschaft Tettnang lagen. Das Gericht tagte nun unter Vorsitz des klösterlichen Amanns im Beisein des gräflichen Vogts in Rappertsweiler. Im 16. Jahrhundert zog der Graf alle klösterlichen Gerichtsrechte an sich und ließ seine Verwaltung in Tettnang über die Langnauer Untertanen richten. Hatten vorher Rechte und Einkünfte des Klosters in einem weiteren Umkreis gestreut, so bildete nun das Umfeld des Klosters mit einer fast ausschließlichen klösterlichen Grund- und einer dominanten Leibherrschaft einen geschlossenen Amtsbezirk der gräflichen Verwaltung.
Die Reichsstädte bauten seit dem 14. Jahrhundert ebenfalls Territorien in ihrem Umland auf, mühsam durch die Käufe zunächst einzelner Güter, dann von Besitzkomplexen und sukzessive von Herrschaftsrechten, zu Beginn oft erst durch einzelne reiche Bürger, später durch die Stadt selbst oder ihr Spital. Am erfolgreichsten waren dabei Biberach und Ulm mit den größten reichsstädtischen Territorien, im Mittelfeld lagen Kaufbeuren, Lindau, Memmingen, Pfullendorf, Ravensburg, Überlingen und Wangen, die anderen kamen kaum über die städtische Bannmeile hinaus.
Oberschwäbische Reichsstädte
Als Beispiele seien die Erwerbspolitik der Reichsstädte Ravensburg, Lindau und Überlingen kurz resümiert, zunächst Ravensburg. 1342 hatte die Familie Holbein in Hinzistobel 12 Lehengüter erworben, die später an die Stadt übergingen, 1362 verkauften die Herren von Königsegg zu Hatzenturm 30 Güter dem Spital zu Ravensburg, 1406 erwarb es dort weitere sechs Güter, 1419 mussten die Herrn von Königsegg ihre Burg Hatzenturm mit Herrschaftsrechten und die Kirche in Wolpertswende an das Spital veräußern, das mit weiteren Erwerbungen bis 1561 diesen Komplex zur Herrschaft Wolpertswende-Hatzenturm-Mochenwangen abrundete. 1413 verkauften die Grafen von Werdenberg-Sigmaringen ihre Herrschaft Schmalegg an die Stadt, 1444 die Herren von Danketsweiler ihre Herrschaft an das Seelhaus in Ravensburg, 1447 Hans Gremlich die Herrschaft Zußdorf an die Stadt, 1539 die Humpis die Herrschaft Bitzenhofen-Neuhaus und schließlich 1590 wiederum ein Gremlich die Herrschaft Bettenreute. Der Ausbau des reichsstädtischen Territoriums zog sich hier über Jahrhunderte hin und erfolgte durchweg auf Kosten des Adels.
Das Spital Lindau konnte 1383 den Ort Weißenberg von den Vögten von Summerau, 1388 vom Bischof von Konstanz 1388 das wesentlich größere Dorf Laimnau erwerben. Ein Jahr später mussten die Herren von Ebersberg Elmenau veräußern, 1405 die Herren von Wolfurt Burg und Herrschaft Gießen, die das Spital mit Laimnau zum Niedergericht Gießen-Laimnau vereinigte, das als Enklave im montfortischen Territorium lag. 1430 konnte die Stadt ihr Vorfeld auf dem Festland unter ihre Herrschaft bringen, als König Sigismund die Reichsvogtei über die Kelhöfe des Stifts an die Stadt verpfändete. 1451 überließ der Abt von St. Gallen der Stadt noch die Herrschaft Neuravensburg als Pfand. Endlose Streitigkeiten folgten zwischen der Stadt und den Grafen von Montfort über die sachliche und räumliche Abgrenzung der beiderseitigen Herrschaftsgebiete. Ansprüche auf das Dorfgericht Gattnau musste das Spital 1412, auf das Dorfgericht Elmenau 1444 aufgeben. 1476 einigten sich Grafen und Stadt über die Grenzen des Lindauer Hoch- und weiträumigeren Niedergerichts. Weiterhin beanspruchte die Stadt aber Gerichtsrechte über die Eigenleute des Spitals im montfortischen Territorium.
Akteur der Überlinger Territorialpolitik war vor allem das Spital, das schließlich über die Gerichtsrechte in elf sog. Ämtern verfügte. Die Erwerbungen begannen bereits 1294 mit Sernatingen und setzten sich 1352 mit Bambergen, 1369/1402 mit Deisendorf, 1386/1435 mit Denkingen und 1408 mit Ernatsreute fort. Drei Vogteien verwaltete die Stadt direkt, die Käufe von 1409 von Ramsberg, 1434 von Ittendorf und 1478 von Hohenbodman. Das Spital erwarb noch 1461 Rickenbach, 1479 Bonndorf und Nesselwangen und 1489 Seelfingen. Fast in allen Fällen waren verarmte Familien des niederen Adels oder des städtischen Patriziats die Verkäufer.
Mit diesen Kleinterritorien des Adels, der Klöster und der Städte konkurrierte ein übermächtiger Gegner: Österreich bzw. das Haus Habsburg. Sein Ziel war es, das seit dem Ende der Staufer untergegangene Herzogtum Schwaben verliehen zu bekommen und so eine Oberherrschaft über alle anderen Herrschaften in Schwaben auszuüben. Dieses Ziel erreichten sie nicht, weil Könige und Kaiser kein Interesse an einer mit dem Reich konkurrierenden Zwischengewalt hatten. Aber Österreich blieb allein wegen der Größe seiner Territorien die dominante Macht im Südwesten des Reichs.
Die ursprünglichen Kernlande der Habsburger lagen im Elsaß und im Aargau, nach der Burg Habsburg im Aargau nannten sie sich seit Ende des 11. Jahrhunderts. Durch Erbfälle (Lenzburger, Kyburger) wurden sie zum mächtigsten Grafengeschlecht der späteren Schweiz. Nachdem König Rudolf von Habsburg zum König gewählt worden war, eignete er sich 1282 Österreich an und besaß nun zwei weit voneinander entfernte Herrschaftsgebiete. In der Folgezeit strebten die Habsburger danach, die Lücke zu schließen. Wesentliche Erfolge auf diesem Weg waren 1363 der Anfall der Grafschaft Tirol, 1375/90 der Kauf der Grafschaft Feldkirch von den Grafen von Montfort-Feldkirch, 1394/1413 der Grafschaft Bludenz und des Montafons von den Grafen von Werdenberg-Heiligenberg, 1395 der Raub des vom Reich an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg verpfändeten Rheintals und 1396 die Pfandschaft der Herrschaft Sargans von den Grafen von Werdenberg-Sargans. Damit war von Osten her nahezu der Bodensee erreicht. Im nördlichen Oberschwaben und im Hegau hatten die Habsburger Ende des 13. und im frühen 14. Jahrhundert eine ganze Reihe von Graf- und Herrschaften an sich gebracht, sie aber fast alle nach wenigen Jahrzehnten an hiesige Adelsfamilien wieder verpfändet.
Gelang ihnen hier der Aufbau formeller Flächenherrschaft nicht, so genügten ihnen aufgrund ihrer Übermacht informelle Herrschaftstechniken. Viele Adlige der Region banden sie an sich durch Schutzverträge und die Verpflichtung, den Habsburgern im Konfliktfall ihre Burgen zu öffnen. Nicht wenige traten in habsburgische Dienste als herzogliche Räte oder Landvögte (Regierungspräsidenten) in der Verwaltung der habsburgischen Herrschaften. So amtierten Truchsess Johann von Waldburg und Graf Hans von Lupfen Ende des 15. Jahrhunderts zeitweise als österreichische Landvögte, teils im Aargau und Thurgau, teils im Elsaß, Sund- und Breisgau, teils in der Grafschaft Feldkirch. Die Grafen von Nellenburg dienten den Habsburgern über Generationen hinweg als Räte. Hans von Bodman wurde 1394 als österreichischer Rat genannt, 1408 setzte Herzog Friedrich Hans von Bodman und Lienhard von Jungingen, seine Räte, als Vögte in der Grafschaft Feldkirch und im Rheintal mit einem Jahrgeld von 800 fl. ein, wo sie noch 1411 amtierten. 1412 folgten ihnen als Vögte Rolle von Königsegg und Hans Truchsess von Diessenhofen.
Die Grafen von Montfort bekämpften im späten 13. und im frühen 14. Jahrhundert noch gegen habsburgische Könige als ihre Gegner. In der Einsicht, dass sie ihnen auch nicht entfernt gewachsen waren, vollzogen sie einen Kurswechsel und traten später häufig in die Dienste ihrer vorigen Feinde und jetzigen Konkurrenten. Die Grafen von Montfort-Feldkirch schlossen 1337 ein ewiges Bündnis mit den Habsburgern und verkauften 1375 ihre Herrschaft auf sein Ableben 1390 an sie. Graf Wilhelm III. von Montfort-Bregenz trat 1362 und sein Enkel Wilhelm VII. 1393 in österreichische Dienste. Im Appenzeller Krieg unterstützte Graf Wilhelm Herzog Friedrich von Österreich und erhielt dafür von ihm als Pfand die Grafschaft Kyburg. Der späte Minnesänger Graf Hugo XII. von Montfort-Bregenz-Pfannberg, Sohn Wilhelms III. und Onkel Wilhelms VII. machte Karriere in österreichischen Diensten, 1382 als Oberbefehlshaber eines Heeres in Oberitalien, 1388 als Landvogt im Aargau, Thurgau und im Schwarzwald, 1395-97 als Hofmeister Herzog Leopolds und 1413-1415 als Landeshauptmann der Steiermark. 1414-15 vertrat er möglicherweise Herzog Ernst von Österreich beim Konzil. Herzog Leopold berief auch Graf Heinrich von Montfort-Tettnang 1374-1383 zu seinem Rat. Sein Bruder Rudolf zu Scheer verwaltete ab 1388 die österreichischen Landvogteien im Aargau, Thurgau und im Schwarzwald für 3.000 fl. Gehalt. Seinem Neffen Graf Wilhelm von Montfort-Tettnang hatte Herzog Friedrich von Österreich Burg und Herrschaft Werdenberg überlassen, die er den Grafen von Werdenberg-Heiligenberg zu Werdenberg abgenommen hatte. Graf Wilhelm amtierte dann vor dem Konzil als Rat Herzog Friedrichs.
Konnten die Habsburger in unserem Zeitraum also kaum direkte Herrschaft in Oberschwaben ausüben, so blieben sie als mächtige Nachbarn, als Oberlehens-, Pfand- und Dienstherren politisch dominanter, stets präsenter Faktor.
Aus dem Erbe der Staufer verfügte das Reich und damit der König eigentlich noch über unmittelbare Herrschaftsrechte in Oberschwaben.
Die Reichslandvogtei Schwaben verwaltete diese Reichsrechte in Oberschwaben. (Sie ist zu unterscheiden von den österreichischen Landvogteien!) Das waren neben einer bescheidenen Grundherrschaft um Ravensburg, die Oberhoheit über die Reichsstädte mit dem Einzug von deren Reichssteuer, die Schutzvogtei der Reichsklöster, vor allem aber das Hochgericht, das Geleit und die Forsthoheit über größere Teile Oberschwabens. Das eröffnete Einflussmöglichkeiten auf die oberschwäbischen Herrschaften in Konkurrenz zur österreichischen Klientel. Aber die Landvogtei war fast immer an fremde oder einheimische Adlige, meist kurzfristig, verpfändet. Das waren z. B. aus dem einheimischen Adel im späten 14. Jahrhundert Angehörige der Familien Freyberg, Königsegg, Lupfen, Werdenberg, Waldburg und von 1411-1415 Graf Rudolf von Montfort-Tettnang zu Scheer.
Das Reich regierte seit seiner endgültigen Wahl 1411 König Sigismund, Bruder des 1400 abgesetzten Königs Wenzel, aus dem Hause Luxemburg. Eloquent, ungewöhnlich gebildet, mehrere Sprachen sprechend, gesellig, als gut aussehend geltend verkörperte er den Typ eines ritterlichen, weltgewandten Herrschers. Seit 1376 Markgraf von Brandenburg, wurde er durch seine Heirat mit der Erbtochter des Königs von Ungarn wurde er 1387 dessen Nachfolger. Bereits 1388 verpfändete er gegen eine ungeheure Summe Brandenburg an seinen Vetter Jobst von Mähren. 1396 führte er mit dem Herzog von Burgund ein großes Heer gegen die Türken, erlitt aber bei Nikopolis eine vernichtende Niederlage. 1414 ließ er sich in Aachen zum König krönen, von dort reiste er nach Konstanz zum Konzil. Bedrängt von Konflikten mit Venedig, Polen, den Habsburgern, später den Hussiten, war es sein Hauptanliegen, die Christenheit zu einen, um den Türken eine gemeinsame Front entgegenstellen zu können. Letztlich war er in seiner oft sprunghaften Politik wenig erfolgreich, sein Hauptverdienst war die Beseitigung des kirchlichen Schismas. Im Reich hatte er als König von Ungarn keine Hausmacht, das Königreich Böhmen fiel ihm erst nach dem Tod seines Bruders 1419 zu, wegen der Hussitenkriege konnte er sich aber erst 1436 dort als Herrscher durchsetzen, drei Jahre nach seiner Kaiserkrönung, ein Jahr vor seinem Tod. In seiner Reichspolitik stützte er sich weniger auf die Fürsten, sondern auf die Städte und den Adel und förderte ihre Bündnisse.
Als seine engsten Ratgeber wählte er vornehmlich schwäbische Adlige. Dazu zählten Markgraf Bernhard von Baden, der Reichserbmarschall Haupt von Pappenheim, Graf Ludwig von Öttingen als Hofmeiste, sowie aus dem engeren Umkreis die Grafen Hans von Lupfen und Eberhard von Nellenburg (verheiratet mit der Gräfin Elisabeth von Montfort-Bregenz), beide vorher in österreichischen Diensten, sowie als königliche Räte die beiden Vettern Frischhans und Hans Konrad von Bodman, des weiteren Graf Rudolf von Montfort-Tettnang zu Scheer, 1411-1415 Reichslandvogt von Schwaben und ab 1417 Rat des Königs. Ihnen werden wir beim Konzil noch mehrfach begegnen.
Wir haben also folgende um den Aufbau von geschlossenen Landesherrschaften konkurrierende Akteure: den hohen und niederen Adel, geistliche Herrschaften, Reichsstädte, Österreich und das Reich selbst. Dass keiner dieser Akteure die Konkurrenten ausschalten konnte, sondern alle nur Kleinstaaten bilden konnten, ergibt das Bild des politischen Fleckerlteppichs Oberschwaben.
Eine Gesellschaft in Bewegung, in der Herrschaften um den Ausbau ihrer Stellung miteinander konkurrieren, produziert Konflikte.
Die Expansion der Städte erfolgte auf Kosten des Adels, bei schrumpfenden eigenen Einkommen neideten die Adligen den erfolgreichen Bürgerfamilien ihren Reichtum. Bürgerschaftliche Selbstverwaltung wurde letztlich vom Adel als illegitim betrachtet, Herrschaft stehe nur ihm zu. Außer den Angriffen von Fürsten und hohem Adel auf die gleichrangige Herrschaft beanspruchenden Städte führten in ihrer Existenz bedrohte niedere Adelige einen permanenten Kleinkrieg in sog. Fehden, plünderten Dörfer unter städtischer Herrschaft, steckten sie in Brand, beschlagnahmten Kaufmannszüge und nahmen Stadtbürger als Geiseln. Während des Konzils überfielen mehrfach Adlige Lebensmittelfuhren nach Konstanz. Gegen die Angriffe auf ihre Unabhängigkeit und zur Wahrung des Landfriedens im Interesse eines ungestörten Handels schlossen sich die Städte ab 1312 in immer neuen Bündnissen mit wechselnden beteiligten Städten zusammen, mal vom König gefördert, mal verboten. In einem ersten Städtekrieg gegen den Adel vor allem gegen den Graf von Württemberg 1372-1378 behaupteten sich die Städte, der zweite gegen Bayern und Württemberg 1387-1389 endete mit einer Niederlage. Nur die Bodenseestädte hielten an ihrem Bündnis fest und schlugen auch Angriffe des Truchsessen von Waldburg zurück, nahmen ihn gar 1389 gefangen als er mit einem Angriff auf Wangen scheiterte. In der Folgezeit wurde man des Streits müde, es kam zu einem leidlichen Einvernehmen der vorigen Gegner. Fürsten und Adel war es nicht gelungen, die Reichsstädte zu unterwerfen. Klöster und mancher Adlige suchten um das städtische Bürgerrecht nach. Der Bund der Bodenseestädte wirkte als Friedensinstanz bis in die 1440er Jahre und schlichtete manchen Konflikt. Als es ab 1449 bis 1464 zu neuen kriegerischen Konflikten kam, ging es nicht mehr um einen Grundsatzkonflikt zwischen Adel und Städten, sondern um Gegenwehr gegen die Plünderungen und Geiselnahmen von Raubrittern vor allem aus dem Hegau.
Aber die städtischen Eliten hatten sich nicht nur ihrer feudalen Gegner zu erwehren, sondern auch in ihren Städten selbst dem Drängen der Zunfthandwerker auf mehr Mitsprache. Erstmals wandten sich 1342 in Konstanz die Handwerker gegen die adligen Familien, die die Stadt regierten, erreichten aber nur die Zulassung von Zünften, erst in weiteren Zunftaufständen von 1370 und 1386 wurde die Gleichberechtigung der Zünfte erreicht. Ebenso ging es 1344 und 1345 in Biberach, Kempten, Lindau zunächst nur um die Zulassung von Zünften, in Lindau kam es zu heftigen Kämpfen, etliche Patrizier wurden aus der Stadt verbannt, die Zunftmeister nun in den Rat aufgenommen. In den anderen Städten etablierte sich ohne militante Auseinandersetzung die Mitsprache oder Alleinherrschaft der Zünfte, so in Isny, Kempten, Leutkirch, Memmingen, Wangen. In Ravensburg saßen die Zunftmeister zwar im Rat, der Bürgermeister wurde aber bis 1359 vom Patriziat gewählt. Danach setzten die Zünfte durch, dass er von der ganzen Gemeinde auf Vorschlag der Zunftmeister gewählt wurde, in der Regel war es aber weiterhin ein Patrizier. Auch in Überlingen konnten die Zünfte ohne militanten Konflikt eine städtische Verfassung durchsetzen, die ihnen den maßgeblichen Einfluss sicherte. Von den 22 Räten des Inneren Rates stellten die Patrizier nur fünf. Von den beiden Bürgermeistern war stets einer Zunftbürger und einer Patrizier.
Auf fatalere Weise lösten sich innerstädtische Spannungen. In Überlingen wurden bereits 1332 die Juden eines Ritualmordes beschuldigt und daraufhin 3-400 Juden umgebracht. Nach der Pest warf man den Juden vor, sie hätten sie durch vergiftete Brunnen verursacht. Alle Juden in den oberschwäbischen Reichsstädten wurden verbrannt, sofern sie nicht fliehen konnten. Bald ließ man neue Ansiedlungen von Juden zu, aber nach neuen Pogromen 1429 und 1443/48 wurde Juden jeglicher Aufenthalt in den Reichsstädten verboten.
Selbstverwaltungsrechte, wenn auch mit wesentlich bescheideneren Kompetenzen als die Bürger in ihren Städten, hatten im Spätmittelalter auch die Bauern in ihren Dorfgemeinden durchgesetzt. Vielfach, vor allem in den geistlichen Territorien, konnten sie auch die Dorfgerichte besetzen und über ihresgleichen richten. Solche bäuerlichen Gerichte sind aus dem Linzgau schon früh bezeugt, für die Grafschaft Tettnang liegen die ersten Erwähnungen erst aus dem 15. Jahrhundert vor, als die Gerichte bereits immer unter dem Vorsitz des herrschaftlichen Amanns tagten. Als die adligen, geistlichen und städtischen Obrigkeiten begannen, ihre Herrschaftsrechte zu konzentrieren und zu verdichten, bedrohte das die kollektiven wie die individuellen Rechte der Bauern. Die allgemeine Leibeigenschaft nahm ihnen die Freizügigkeit, band sie an die Scholle und schränkte das Erbrecht ein. Zusätzliche Abgaben reduzierten die bäuerlichen Einnahmen. So schlossen sich 1397 eine Reihe Salemer Gemeinden gegen ihren Abt zusammen und verweigerten die Zahlung einer neue Steuer. Das „Reichsdorf“ Altdorf und die Gemeinde Hagnau stritten mit dem Abt von Weingarten um ihre Rechte. Aber erst im 15. Jahrhundert häufen sich die Nachrichten über immer neue Widerstandsaktionen gegen die Herrschaften, die sich schließlich im Bauernkrieg zum Flächenbrand ausweiten.
Militanter wurden die Konflikte von Landstädten mit ihren Stadtherren ausgetragen. So kam es 1392 und wieder 1415 zu Aufständen der Waldseer Bürger gegen den Truchsess von Waldburg, 1412 von Munderkingen, 1418 drohten Bürger von Wurzach mit dem Auszug aus der Stadt, Aufstände, die der Truchsess drakonisch ahndete. Meersburg wollte seinem Stadtherrn, dem Bischof von Konstanz, gar den freien Zutritt in seine Stadt verwehren, weshalb es 1418 vom König geächtet wurde, 1419 einigte man sich gütlich.
Ein Fanal im Bodenseegebiet war der Aufstand der Appenzeller Bergbauern ab 1401 gegen den Abt von St. Gallen, inspiriert von den Erfolgen der innerschweizer Eidgenossen und zunächst im Bündnis mit der Stadt St. Gallen, dann mit Schwyz. Die Truppen, die den Abt gegen seine Bauern unterstützten, zunächst der Bodensee-Städte, dann Österreichs wurden in zwei Schlachten, 1403 bei Vögelinsegg, 1405 beim Paß am Stoß vernichtend geschlagen. Nach ihrer Niederlage zogen sich die Reichsstädte und Österreich aus dem Konflikt zurück. Österreich hatte bereits 1386 bei Sempach und 1388 bei Näfels Niederlagen hinnehmen müssen. Nun griffen die Appenzeller über den Rhein an, rasch fiel ihnen Vorarlberg zu, die Appenzeller zogen sogar über den Arlberg bis ins Inntal. Es bildete sich unter ihrer Führung der Bund ob dem See, der Freiheit von allen Herrschaftspflichten forderte. Der Thurgau wurde verwüstet, 60 Burgen wurden dort besetzt. Nach dem Vorbild der Appenzeller schlossen auch die Bauern im Allgäu 1406 einen Allgäuer Bund, mussten ihn allerdings ohne Unterstützung der Appenzeller noch im gleichen Jahr auflösen. Der vorige Rechtszustand sollte weiter gelten, aber immerhin wurden den Allgäuern Straflosigkeit zugesichert.
Jetzt fühlte sich aber der ganze oberschwäbische Adel bedroht und schloss sich 1406/07 zur Gesellschaft mit St. Jörgen-Schild zusammen. Diese Gesellschaft vornehmlich von Niederadeligen verbündete sich 1407 mit sieben Grafen, den Bischöfen von Konstanz und Augsburg sowie der Stadt Konstanz zum Kampf gegen die Appenzeller, die mittlerweile die Stadt Bregenz belagerten. Sollten sie es erobern, wäre der Weg nach Schwaben frei und sie „wöltint kainen herren in allem Swabenland lassen belieben“. Als das Adelsheer unter Führung von Graf Rudolf von Montfort-Tettnang zu Scheer und Herzog Ulrich von Teck im Nebel des Januar 1408 das Belagerungsheer überraschte, flüchteten die Appenzeller nach kurzem Kampf. Der Bund ob dem See brach zusammen. Alle Eroberungen gingen wieder verloren. Dem Schiedsspruch, den König Ruprecht 1408 in Konstanz fällte, verweigerten sich die Appenzeller und verbündeten sich 1411 mit den Eidgenossen. Erst 1429 nahmen sie einen Kompromissvorschlag eines Schiedsgerichts an, der ihnen eine Sonderstellung in der Klosterherrschaft sicherte. Die Herrschaft Österreichs in der Schweiz war durch die Bündnisse seiner Städte mit Bern schwer angeschlagen. Das Ergebnis nördlich des Bodensees war, dass nun lange nach den Städten auch der Adel sich in Bündnissen dauerhaft organisierte und seine Kräfte bündelte gegen weitere Angriffe aus der Schweiz.