Elmar L. Kuhn

Kultur als Heimat


Literatur

Unter den Künsten nahm die Literatur am Bodensee und in Oberschwaben lange den letzten Rang ein. Nach den Dichtungen in Klöstern des frühen Mittelalters begnügte man sich hier abgesehen von Erbaulichem und einigen Schwänken mit der Aneignung der Antike und der Theologie der Zeit. Im 19. Jahrhundert waren es einzelne Gäste auf kürzeren und längeren Aufenthalten, die hier schrieben: Hölderlin, Mörike, die Droste, schließlich wenig geformt, aber realistisch Heinrich Hansjakob. Erst im 20. Jahrhundert entstand hier eine Literaturlandschaft, zunächst meist Zivilisationsflüchtlinge, die das Glück im Winkel suchten,40 dann in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Autoren der Region selbst, die blieben, allesamt versammelt im Literarischen Forum Oberschwaben,41 am bekanntesten Martin Walser, nur wenige weitere Namen seien genannt: Peter Renz, Jochen Kelter, Maria Beig, Maria Menz. Martin Walser hat selbst gesagt, dass er für sich „Heimatschriftsteller“ als „Ehrentitel“ akzeptiere. Ein Heimatschriftsteller sei jemand, der „etwas durch und durch kennt…. Er wird gebraucht. Durch ihn begreift sich die Gegend.“42 In diesem Sinne sind sie alle Heimatschriftsteller, denn sie haben in ihrer Sprache ihre Zeit, ihre Erfahrungen nicht nur begreifbar, sondern auch anschaulich nachvollziehbar gestaltet, in unterschiedlichen Wahrnehmungen: naiv-heiter, realistisch, kritisch, visionär überhöht.

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