Bademöglichkeiten waren gewissermaßen Zusatzangebot eines Ortes am See. Spazierwege gehörten zur Pflichtausstattung eines Kur- und Fremdenortes. Gäste flanierten noch, nicht um Schaufenster zu betrachten, sondern um Natur und Landschaft zu genießen, um zu sehen, und gesehen zu werden, im Kennennlernen und nicht in der Konsumdemonstration sich ihres Statusses zu vergewissern. Aber an "anmutigen Spaziergängen" fehlte es zu Beginn der Friedrichshafener Fremdenverkehrsgeschichte (Schnars 1857). Und noch 1862 wurde "das Bedürfnis nach schattigen Spaziergängen" artikuliert (SK 23.03.1862). Immerhin waren rasch nach dem Eisenbahnanschluß die innerstädtischen Straßen neu gepflastert worden, um "die Fußgänger vor Staub, Kot, Schnee ... zu schützen", die vorher "mitten auf der Straße im tiefen Morast, Laub oder Schnee, vielleicht auch auf frisch aufgeführten Steinen oder Kieseln ihren Weg ... machen" mußten (SK 20.11.1850, 19.04. und 16.07.1852). Zunächst die einzige und noch später die beliebteste Promenade war die sog. Neustadt, die trapezförmige symmetrische Verbindung von Altstadt und Schloß über Karl-, Friedrich-, und Olgastraße, eine "Art Corso en miniature für die ... Badgäste" (Schönhuth 1863). "Vorbeiführend an lieblichen Gärten mit teilweiser Aussicht auf den See und das Gebirge, ist diese schattige Allee eine Hauptzierde für Friedrichshafen. Besonders während der höchsten Rosenblüte freut sich das Auge eines jeden Blumenfreundes der üppigen Pracht, welche dieser Flor in den einzelnen Gärten entfalten" (v.H. 1887). Allerdings bemäkelt wenig später ein Kritiker, hier "erblühe die Gloire de Dijon in Peterling und Marschall Niel paradiert dort unter Kartoffeln". Und wenn amtlich als "einzigartiger Schmuck der Friedrichstraße ... der 100jährige Baumbestand" hervorgehoben wird, "der den Spaziergang auch zur heißen Sommerszeit erträglich macht" (K. Stat. Landesamt 1915), dann vermißt der Kritiker wieder, "daß man vor lauter Bäumen wenig oder nichts von See und Gebirge sieht" (SK 16.06.1897).
Die Neustadtpromenade führte westlich zum Schloßpark, der damals noch allgemein zugänglich war. In der Mitte des Jahrhunderts boten die Gartenanlagen zwar noch "fast die einzigen schattigen Spaziergänge", aber im übrigen "nichts Interessantes" (Schnars 1857). Erst unter König Karl und Königin Olga wurde der Park um 1870 vielfältiger gestaltet. In der Folge sparen die Führer nicht mit Superlativen: "Eine der schönsten Anlagen am Bodensee" (Grünewald 1874), "höchste Stufe der Gärtnerkunst" (v.H. 1887), "exquisit" (Hoppe 1909), "Hauptanziehungspunkt für Fremde" (Verband 1912), "Glanzpunkt" (Wais 1913). "Funkelnde Beete, voran eine märchenhafte Rosenpracht, stimmungsvolle Haine, gewaltige Mammutbäume, eine grüne Mauer von Buchsbäumen, Felsen, Springbrunnen und reizvolle Durchblicke auf den See und das Belvedere am Ufer gestalten den Park ... zu einem Pilgerort der Naturfreunde" (Heer 1905).
In der zweiten Aufschwungphase des Friedrichshafener Fremdenverkehrs in den 1860er Jahren und noch vor der Verschönerung des Schloßparks entstanden zwei weitere Parks. 1862 erwarben Karl und Olga, damals noch als Kronprinzenpaar, den Riedlewald nördlich der Stadt, um ihn "in einen Park umschaffen" zu lassen und "dessen Promenaden in dankenswerter Munifizenz auch dem Publikum" zu öffnen (Sb. 30.03.1862). "Nach allen Seiten hin hübsch angelegte Fuß- und Fahrwege mit zahlreichen Ruhebänken versehen, bieten eine wahre Erholung für alle, welche Waldes-stille, Kühle und würzige Tannenluft (Ozon) suchen" (v.H. 1887). Bedingung der Kronprinzessin war, daß die Stadt auf ihre Kosten eine Lindenallee von der Neustadtpromenade zum Riedlepark, die heutige nördliche Olgastraße, anlegte. Nach dem Tod der Königin Olga 1892 erwarb die Stadt den Park. Durch die Verlegung des Luftschiffbaus 1908/09 auf das Gelände westlich des Riedlewalds wurde der Park beträchtlich "verstümmelt", aber durch "schöne Sitzbänke und Waldwege verfeinert" (SK 23.08.1910 und 22.08.1912).
Drei Jahre nach Anlage und Öffnung des Riedleparks erhielt die Stadt 1864 von Karl und Olga einen dritten Park überlassen und bald geschenkt, den am See gelegenen Garten der Villa Taubenheim, der nun als "Kurgarten am See ... den Fremden einen erwünschten Vereinigungspunkt" bot (SK 29.06.1865). In diesem Garten entstand 1871/72 das Kurhaus. In den Niedergangsphasen des Fremdenverkehrs wurde der Park "wenig mehr von den Fremden benützt". In ihm konnte "niemand den See sehen", den das Kurhaus verdeckte, das wiederum vom Kurgarten "vor den Fremden ... versteckt" wurde. Die Terrasse vor dem Kurhaus galt zwar wieder "vermöge ihrer unvergleichlichen Aussicht (als) der schönste, der Öffentlichkeit unbeschränkt zugängliche Platz am Bodensee", war aber selbst wieder "über die Maßen nüchtern, kahl, leer. Eine steinerne Terrasse und ein Platz von Kies und nichts als Kies ... kein Blumenrabatt, keine Kübelpflanze, keine Laube" (SK 16.06.1897, vgl. SK 10.02.1909). Die Situation änderte sich, als 1909 anstelle des abgebrochenen Kurhauses das vornehme Kurgartenhotel erbaut wurde, und damit der bislang "einzige städtische Platz am See" der Öffentlichkeit entzogen wurde.
Etwa gleichzeitig mit den zwei Parks wurden in den 60er Jahren außer der Olgastraße zwei weitere große Alleen angelegt. Die "früher ziemlich sonnige Straße nach Langenargen (wurde) in eine schattige Kastanien- und Platanenallee umgewandelt" bis zum Seewald und eine "weitere Allee mit breiten Trottoirs wurde ... an der Staatsstraße nach Tettnang in den Seewald" geschaffen (Faber 1873, vgl. SK 23.03. und 22.05.1862, 15.06.1876). Eine Diskussion in der Stuttgarter Presse um die Fällung von Silberpappeln an der Straße nach Eriskirch signalisierte den Friedrichshafenern, "welches Interesse an dem Gedeihen ihres Kurorts genommen wird, wie sehr man dabei aber auch auf Erhaltung der bestehenden schattigen Wege größten Wert legt" (SK 04.03. und 08.02.1892). Ein englischer Reiseführer hob jetzt im "almost inevitable comparison ... between it (FN) and Lindau" als einzigen Vorzug der württembergischen Stadt die "extend avenues of lofty shade-giving walnut-trees" (Capper 1881) hervor. Den Stuttgartern genügten sie immer noch nicht. Da sie die immer noch nicht "zu große Auswahl der Spazierwege" (SK 08.02.1892 und 02.06.1899) bemängelten, folgten dann noch um die Jahrhundertwende die Anlage der Riedleparkallee und 1904 die "Aachpromenade" entlang der Rotach. Die Straßen in der Stadt selbst wurden mit den geforderten "ordentlichen" Asphalttrottoirs und neuen Pflastern versehen (SK 02.06.1899 und BuRh 07.06.1905).
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstand dann noch der städtische Uferpark mit der "Quai-Promenade", der als einziger Park heute übriggeblieben ist. Pläne für den Bau einer Uferstraße und eines Gondelhafens wurden seit dem späten 19. Jh. immer wieder ausgearbeitet, diskutiert und verworfen. "Das Projekt ist so alt wie die Bestrebungen, Friedrichshafen als Kur- und Badeort hochzubringen" (BuRh 3, 1911, Nr. 1). Es scheiterte immer wieder an fehlenden finanziellen Mitteln, aber auch an der von den Garteneigentümern und der Stadt lange hartnäckig verfochtenen Kopplung des Uferstraßenprojekts mit der Aufhebung des Bauverbots südlich der Friedrichstraße, was wiederum von den staatlichen Behörden strikt abgelehnt wurde. Mit dem Bau des "Kaiserrondells" um 1877 war eine erste Aufenthaltsmöglichkeit an der Bucht außerhalb der Badeanstalten geschaffen worden. Mehrere Gelegenheiten, Gärten für die Anlage eines Parks zu erwerben, schlug die Stadt aus, bis sie endlich 1908 die ersten Grundstücke hier ankaufte, "um Ersatz zu schaffen für den der Allgemeinheit entzogenen Kurpark" (Sb. 07.09.1909) und sich nun hier "ein edel angelegter Stadtgarten auftat, der nach und nach seine Nachbarschaft in sich aufnehmen soll" (Württemberger Zeitung 1912).
Neben dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung der Stadt durch den Luftschiffbau war das Kurgartenhotel dafür verantwortlich, daß die Uferstraße 1911 - 13 doch noch realisiert wurde. Von "derjenigen Seite, die jetzt als die führende und bahnbrechende zu betrachten ist, wird die Rücksicht auf das neue, große Hotel in erster Linie betont und die Kai-Promenade als dessen Vollendung und Lebensbedingung dargestellt ... ein so vornehmes Hotel ... ruft nach einer schönen Promenade" (SK 02.12.1909). Durch das Angebot des neu gegründeten Königlich Württembergischen Yachtclubs, hinter dem die gleichen führenden Kreise wie beim Kurgartenhotel standen, den Bau eines Yachthafens zu finanzieren, wuchs der Druck, und so entschied sich der Gemeinderat im Februar 1911 für den Bau einer Uferstraße in der Bucht zwischen Hotel und Altstadt, im Osten flankiert von Yacht-, im Westen vom Gondelhafen, und ein Jahr später wurde gleich die Fortsetzung nach Westen vor den bisher unmittelbar am See stehenden Häusern der Altstadt bis zum Schiffshafen beschlossen. Gegenüber dem Argument: "Friedrichshafen mußte schließlich in dem immer lauter werdenden Wettbewerb um den Fremdenverkehr auch seine Reize einmal lauter präsentieren" (Württemberger Zeitung 1912), kam auch die Kritik nicht mehr auf, hier werde "eines der schönsten und eigenartigsten Naturbilder von ganz Deutschland dauernd und unheilbar" zerstört (Sb. 14.10.1911). Die Hinweise auf die Konkurrenz spielten ohnehin eine große Rolle: "Solche Uferstraßen spielen im Fremdenverkehr eine nicht zu unterschätzende Rolle" (Sb. 19.04.1912). Nachdem schon die Friedrichstraßenallee dem Vergleich stand hielt: "Wo hat Lindau, Rorschach, Überlingen eine Allee, die dieser gleichen würde?" (SK 02.12.1909), wurde das neue Werk ähnlich gerühmt: "Keine Stadt am See hat seinesgleichen" (Württemberger Zeitung 1912, vgl. Sb. 10.06.1912), wogegen der König vorsichtiger formulierte: "endlich eine Anlage geschaffen ist, die Friedrichshafen eintreten läßt in die Reihe der schon ähnlich geschmückten Städte am See" (Sb. 10.06.1912).
Jedenfalls war man nach der Fertigstellung des Lobes voll: "Tausende haben in diesem Sommer bei ihren Gängen auf diesem schönen, breiten Streifen die Schönheit und Herrlichkeit des schwäbischen Ufers genießen dürfen" (SK 22.08.1912). "Der Fremde will den See ganz vor sich sehen, will an seinem Ufer gehen, sein Wellenspiel betrachten und seine Blicke hinüberschweifen lassen" (SK 02.12.1909). Damit hatten sich offenbar in relativ wenig Jahren die Anforderung an die Landschaftsästhetik verändert. Noch 1897 bedurfte der See, "um seine volle Wirkung zu entfalten, eines wenn auch kleinen Vordergrunds dringend ..., dieser Vordergrund muß dem Bild seine teilweise Umrahmung, ... seinen Halt, seine Unterlage geben ... die Gärten müssen den Vordergrund bilden für die Seelandschaft, die von der Friedrichstraße aus soll genossen werden". (SK 16.06.1897). Nun störte die Ästhetik nur noch der einzige vorhandene Vordergrund, die Badeanstalten, die dann im 1. Weltkrieg den Stürmen zum Opfer fielen. In den 20er Jahren war dann auch eine beträchtliche Erweiterung des Uferparks entlang des Sees möglich.
Nun, da sich alles am See drängen konnte, wurden die Spaziergänge zu weiter entfernten Punkten im von allen Führern des 19. Jhs. als "überaus lieblich und freundlich" empfohlenen Umland (Schnars 1857) weniger aufgesucht. Die "gewöhnlichsten" Wege (Höchel 1857, Schönhuth 1863) führten nach Manzell und Berg. "Ein Lieblingsspaziergang aller Badgäste ist nach Manzell ... am Schloß vorbei, hart am See hin durch Wiesen und Gebüsch, über das reizend am See gelegene Seemoos und von da durch einen schattigen Tannenwald". In der königlichen Privatdomäne und "Sennerei findet der Fremde auf Verlangen Milch, Käse und Brot" (Faber 1873, vgl. Schnars 1857).
1900 - 1909 "Mekka aller zeppelinbegeisterten Bodenseepilger", als in der Bucht Bau, Starts und Landungen der Luftschiffe oft von Tausenden beobachtet wurden, wurde es danach hier wieder stiller und wanderten die Massen nun zum neuen Luftschiff-Standort am Riedlepark.
"Der berühmteste Punkt in Beziehung auf die Aussicht" (Fröhlich 1871) war Berg, "der beliebteste Wallfahrtsort der Badgäste und Bewohner von Friedrichshafen" (Schnars 1857). "Bei der Kirche ... hat man eine der weitesten Aussichten am Bodensee über die ganze Wasserfläche und die Gebirge" (Gsell Fels 1909). "Das Auge beherrscht das Land wie ein Relief, zwischen dunklen Forsten schimmern die wohlgepflegten Felspreiten ... , der Lauf der Aach ... glänzt, Dorfschaften, Schlösser und Städtchen tauchen empor, die uns zu weiten Ausflügen einladen" (Heer 1905). Von diesen Ausflügen seien nur noch die Spazierwege zur Trautenmühle, nach Lochbrück und zum Seewald genannt.
"Ob kleine Gänge mit Augen erfreuenden Eindrücken oder größere Wanderungen, ganze oder halbe Tagstouren" mit Schiff oder Eisenbahn (Mayer 1909), die Führer boten eine reiche Auswahl. Eine Schiffsfahrt kostete allerdings lange noch beträchtlich mehr als eine Eisenbahnfahrkarte. Die Bauweise der Schiffe passte sich erst ab 1870 den Bedürfnissen der Ausflügler an, nun wurden Salon- statt der bisherigen Glattdeckdampfer gebaut, da der Gütertransport zunehmend über Trajektschiffe abgewickelt wurde.
Nachdem es zu Ende unseres Zeitraums an Möglichkeiten zum "Lustwandeln" wahrlich nicht mehr mangelte, wurde die Lust zu wandeln auch schon wieder beeinträchtigt. Der Führer für die vornehmen Gäste des Kurgartenhotels empfahl bereits "eigene Automobile den Gästen zu Diensten, und wenn man ... gen Überlingen saust, dort gemütlich seinen five 0’clock-Tee trinkt - eine Lieblingsfahrt I.M. der Königin Charlotte - so kann man zum Abendbrot bequem wieder zu Hause sein" (Hoppe 1909). Zu den Investitionen, die Gäste in die Stadt zu holen, gehörte nun schon das Angebot, daß sie schnell wegsausen konnten - etwa auf der Friedrichstraße, der gegenüber nun die Uferstraße den Vorzug genaß: "Kein Autorattern und Straßenstaub, kein Lärm und keine jagende Hast stört hier unten am See den ... Spaziergänger" (Sb. 10.06.1912).