Gerade die Firma, auf die Colsman bei seiner Diversifikationsstrategie die größten Hoffnungen gesetzt hatte, geriet in den 20er Jahren immer mehr auf Verlustkurs. Mit dem Verbot des Flugzeugbaus durch die Sieger durften auch keine Flugzeugmotoren mehr gebaut werden. In die beiden 1919 gebauten Luftschiffe wurden noch vorhandene Motoren einmontiert. Luftschiffmotoren zu bauen, hatte Maybach dann 1922 bis 1924 nochmals Gelegenheit für das Reparationsluftschiff LZ 126. Für das LZ 127 Graf Zeppelin wurden diese Motoren weiterentwickelt. Auch die beiden amerikanischen Luftschiffe der Goodyear Zeppelin Corp. wurden mit Maybach-Motoren ausgerüstet. Trotz langer vom LBZ finanzierter Entwicklungsarbeit sind dann aber in die beiden weiteren noch fertiggestellten Schiffe Motoren der seinerzeitigen Konkurrenzfirma Daimler-Benz eingebaut worden.
Aber Luftschiffmotoren spielten schon längst keine wesentliche Rolle in der Produktpalette des Motorenbaus mehr (nur im schlechten Ertragsjahr 1929 erbrachten sie 33 % des Betriebserlöses). Denn Karl Maybach hatte ein klares Produktionsprogramm für die Friedenszeit entwickelt. Anfang 1919 trug er seinen wichtigsten Mitarbeiter vor: „Aufgrund unserer Erfahrungen im Flugmotorenbau werden wir einen erstklassigen Fahrzeugmotor entwickeln und diesen in verschiedenen Leistungen bauen. Wir werden diese Motoren den inzwischen zahlreich gewordenen Automobil-Firmen im In- und Ausland zum Einbau in ihre Pkw, Lkw und sonstigen Fahrzeuge anbieten … Mein zweites Vorhaben betrifft den Eisenbahnverkehr ... Ein Einbruch in den Dampfbetrieb kann man nur mit einem Fahrzeug erzielen, in dem auch in bezug auf die Zubehör-Einrichtungen die Grundgedanken einer arteigenen Maschinenanlage verwirklicht sind. Und ich bin willens, eine solche Maschinenanlage zu entwickeln und zu bauen ... Aus wirtschaftlichen Gründen kann der Antriebsmotor einer derartigen Maschinenanlage nur ein Dieselmotor sein ... Da die Entwicklung der Maschinenanlage und die Erprobung eines solch neuartigen Fahrzeuges längere Zeit in Anspruch nehmen wird, ehe an seine Einführung bei der Reichsbahn und evtl. auch im Ausland gedacht werden kann, müssen wir in der Zwischenzeit versuchen, die Belegschaft, deren weiteren zahlenmäßigen Abbau ich sie alle mitzubetreiben bitte, mit anderen Arbeiten zu beschäftigen“ (Sapper 1981, S. 40 f.).
Zunächst führte man Reparaturen an Kraftfahrzeugen durch und stellte kleinere Motoren für Motorräder her. 1919/1920 wurde ein neuer Sechs-Zylinder-Motor mit 70 PS bis zur Serienreife entwickelt, von dem eine holländische Automobilfirma 1.000 Stück bestellte. Mit diesem Motor stellte ein Auto der Firma auf Anhieb einen Welt-Strecken-Rekord über 30.000 km auf. Aber kaum war die erste Motorenserie ausgeliefert, ging diese Firma in Konkurs. Nun entschloss sich Maybach, selbst Autos zu bauen und zwar Fahrzeuge der Spitzenklasse nach dem Vorbild des englischen „Rolls Royce“. Der Maybach-Wagen wurde ein „Automobil der oberen Zehntausend“ (Wolff Metternich 1981, S. 232). Insgesamt wurden in 20 Jahren nur max. 2.300 Automobile gebaut. Der Käufer konnte die Karosserie nach eigenem Geschmack wählen. Der erste Wagen, der W 3, mit 70 PS kam 1921 auf den Markt, 1925 folgte der W 5 nun mit 120 PS. Das teuerste Exemplar erwarb Kaiser Haile Selassie von Äthiopien um 126.000 RM. Als exklusivster Wagen, der je in Deutschland gebaut wurde, wurde ab 1930/1931 der „Zeppelin“ mit 150 PS um 40.000 bis 50.000 RM angeboten. Als etwas kleinere Version wurde ab 1932 der „W 6“ verkauft. Hatte der Automobilverkauf 1924 bis 1926 zwischen 1 bis 2 Millionen und damit jeweils über 50 % des Gesamtumsatzes erbracht, so fiel sein Anteil in den folgenden Jahren auf jährlich ca. ½ Million und damit ab 1932 auf einen Anteil von etwa 10 %. 1933 klagte die kaufmännische Führung des Unternehmens: „Es bestätigt sich immer mehr, dass mit den von uns gebauten Großklassewagen das Wagengeschäft ... nicht aktiv gestaltet werden kann, da im Inland das Interesse fast nur noch dem kleinen, teilweise auch dem mittelstarken Wagen sich zuwendet und auch die Exportmöglichkeiten gering sind ... Der „Maybach“ hat für die heutige Zeit etwas Provozierendes.“ Wenn nicht bald ein mittlerer Wagen zu marktfähigen Preisen angeboten werden könne, müsse das Wagengeschäft liquidiert werden (LBZA MB 1933 VIII). Aber erst 1935 kamen die neuen kleineren Autos auf den Markt, die aber immer noch ca. 20.000 RM kosteten, was heutigen 100.000 DM entspricht. Die Motoren dieses Autotyps beschleunigten dann aber bald nicht nur die deutsche Oberklasse, sonder auch die deutsche Rüstung. Noch 1935 entscheid das OKH, die Kettenfahrzeuge des Heeres mit diesen etwas abgewandelten Motoren auszustatten. Die mächtigen Maybach-Autos bestimmen noch heute oft in der Rückschau das Bild des Motorenbaus in jener Zeit, obwohl ihre Produktion zunächst nur aus Verlegenheit aufgenommen wurde und sie nur Mitte der 20er Jahre kurz im Gesamtprogramm dominiert haben. Nachdem ihre Motoren sich auch zu kriegerischen Zwecken eigneten, hatten die Autos ihren Zweck als „Werbemittel“ (MTU, JB 1932) und „Reklame-Bleistift“ (SZ-FN 6. Juli 1979) erfüllt.
Auch für andere zivile Zwecke hatte man in den 20er Jahren versucht, die Automotoren zu nutzen. So wurden Versionen für Omnibusse und Motorboote angeboten, die 1927/1928 ein Drittel bis ein Viertel des Umsatzes erreichten. Die Abnehmer klagten jedoch häufig über Betriebsstörungen und 1929 wirkten sich „die von allen Seiten bei uns eintreffenden Schadensmeldungen über unsere Omnibus-Motoren direkt katastrophal“ aus (MTUA, G 2 a). Zudem verdrängte nun der Dieselmotor den Ottomotor. Auf das Drängen der kaufmännischen Leitung nach Entwicklung eines kleinen Dieselmotors war Maybach zu spät eingegangen, um sich auf diesem Markt noch behaupten zu können. Die eigenen Autogetriebe stießen wiederum auf die Konkurrenz der ZF-Produkte.
Trotz großer anfänglicher Probleme erwies sich dann das zweite Entwicklungsprojekt von 1919 als erfolgsträchtig. 1924 konnte mit der „arteigenen Maschinenanlage“ in einem Triebwagen der Waggonfabrik Wismar auf der Teuringer Talbahn die erste Probefahrt durchgeführt werden. Von den ersten Triebwagenzügen mussten aber zeitweise die Hälfte wieder aus dem Verkehr gezogen werden, um Mängel zu beheben. Als 1932/1933 wesentlich leistungsfähigere Triebwagen in Stromlinienform zum Einsatz kamen und zunächst wieder häufig Störungen auftraten, schien das Unternehmen wieder ernstlich gefährdet (50 % des Umsatzes stammten nun schon von den Triebwagenmotoren): „Kommen wir mit unseren Triebwagenmotoren wieder aus dem Geschäft, so lässt sich kaum denken, wie wir uns über Wasser halten sollen, da unsere sonstigen Erzeugnisse ... fast durchweg entweder preislich oder konstruktiv nicht mehr konkurrenzfähig sind“ (MTUA, G 2 a, Kfm. Bericht 1933, I. Sem.). „Wir haben zurzeit ... eigentlich kein wirklich absatzfähiges Verkaufprodukt“ (MTUA, Kfm. Bericht 6. Januar 1934, vgl. MB 1933 IX u. JB 1934). Aber als im Dezember 1934 der Motorenbau sein 25-jähriges Bestehen feierte, konnte der technische Direktor stolz melden: „Wir stehen heute, was die Zahl von gelieferten Motoren für Triebwagen, insbesondere aber auch die Erfahrungen auf diesem Gebiet, anbelangt, ... an der Spitze“ (Maybach 1934, S. 14).
Damit hatte die Firma eine lange kritische Phase überwunden, in der sie mehrmals vor dem Ruin stand. Nur dreimal während der ganzen Weimarer Republik konnte ein positives Betriebsergebnis erreicht werden. Schon 1926 ging Eckener die Geduld aus: Man operiere jetzt seit 6 bis 8 Jahren mit dem Argument, „man sei jetzt bald soweit“. Nun aber könnten sich „die Gesellschafter des LZ ... sicherlich nicht noch einmal dazu verstehen ..., für den Geldbedarf des Maybach-Motorenbaus aufzukommen“ (StA, O. Uhland). Nachdem 1929/1930 die jährlichen Zinszahlungen eine Höhe von ½ Million bei einem Umsatz von ca. 4 Millionen RM erreicht hatten, wurde sehr ernsthaft die Liquidation des Unternehmens erwogen. Die Beschäftigtenzahlen wurden während der Weltwirtschaftskrise drastisch auf die Hälfte mit noch ca. 350 Personen reduziert (1925 – 1927 noch ca. 900). „Einer nach dem anderen musste gehen und es blieben nur noch wenige Männer an den Werktischen zurück“ (Pahl/Bammes o. J., S. 27).
Die Situation wurde auch hier verschärft durch Konflikte zwischen den führenden Persönlichkeiten. Eckener sah ohnehin ungern, dass der LBZ immer wieder dem Motorenbau zu Hilfe kommen musste. Als 1928 mit Julius Bernhardt ein kaufmännischer Direktor Karl Maybach als technischem Direktor (und Minderheitsgesellschafter mit 20 %) zur Seite gestellt wurde, glaubte sich der Techniker vom Kaufmann bevormundet und der Kaufmann sah die wirtschaftlichen Gesichtspunkte zu wenig gewahrt. 1931 vollzog sich der Verkehr zwischen beiden Geschäftsführern nur noch auf schriftlichem Weg. Bernhardt sah sich „in einem Irrenhaus“ und beschwerte sich: „Die technische Direktion glaubt, mich überhaupt nicht mehr fragen zu brauchen“ (MTUA, Kfm. Bericht 14. August 1931).
Vorbildlich war dagegen seinerzeit die Lehrlingsausbildung beim Motorenbau. Nach dem Krieg und der Abwanderung der dienstverpflichteten Arbeiter herrschte bei den Konzernfirmen großer Mangel an qualifizierten Facharbeitern. „Abgelegen von jedem Industrie-Zentrum war es unmöglich, diese Arbeitskräfte in genügender Zahl bereitzuhaben. Auch ist es infolge des Wohnungsmangels unmöglich, von auswärts die erforderlichen Arbeitskräfte heranzuziehen ... Obwohl ein Überangebot von Arbeitskräften vorliegt, wird ein Mangel an gelernten Arbeitern vorhanden sein ... Überdies verlangt gerade der gelernte und tüchtige Arbeiter der Großstadt in gesellschaftlicher Unterhaltung und Weiterbildung seines Geistes mehr ..., als ihm hier geboten werden kann“. Deshalb wurde 1920 eine Lehrwerkstatt beim Motorenbau eingerichtet, „um einen tüchtigen und sesshaften Arbeiterstand zu bekommen“. Diese Werkstatt diente gleichzeitig der Ausbildung der Lehrlinge für alle übrigen Konzernfirmen. 1921 wurde ihr noch eine „Werkschule“ angeschlossen, zunächst als Ergänzung zur örtlichen Gewerbeschule, bald aber als selbständige „Fachabteilung“. Eingestellt wurden pro Jahr etwa 50 Lehrlinge, so dass zusammen immer etwa 200 Lehrlinge während ihrer vierjährigen Lehrzeit geschult wurden. Ziel der Ausbildung war „ein Stab intelligenter, berufsmäßig ausgebildeter Facharbeiter als geistige Führer einer spezialisierten Gruppe angelernter Arbeiter“ (MTUA, Denkschrift 1919 – 1925).