Elmar L. Kuhn

Die officia propria des Paulinerordens im 17. und 18. Jahrh.


Musik

Angesichts des Tagungsthemas „Liturgie und Musik“ sei gestattet , einige Beobachtungen zur musikalischen Praxis in der schwäbischen Provinz anzufügen. Musikalische Quellen sind aus der schwäbischen Provinz keine erhalten. Es finden sich nur zerstreute Notizen. 1730 moniert der visitierende Generalprior Demsich, dass in der schwäbischen Provinz „choralem cantum ac thonum religionis nostrae fere totaliter extinctus“ sei. Deshalb sollen die Patres, Studenten und Novizen sich täglich im Choralgesang üben. An Werktagen sei es nicht erlaubt „sacrum cantu figurali cantare“, ebenso nicht bei den Vespern an Sonntag. „figuralis cantus“ sei nur bei größeren Festen zur Erhöhung der Feierlichkeit erlaubt.35 Aber 1736 kritisiert der Generalvisitator wieder, „sacrum“ an Sonn- und Feiertagen und die Vesper werden „non choraliter“ gesungen.36 Offenbar war es Ziel der Ordensleitung, durchzusetzen, was Pál Richter über die ungarische Praxis berichtet: „in den ungarischen Paulinerkirchen (konnten) die Gläubigen Instrumental- und Chorwerke im Stil der Zeit nur an einigen größeren Festen hören … Im größten Teil des Jahres erklangen gregorianische Gesänge im Gottesdienst“.37 In Polen mag das anders gewesen sein, wenn Remigiusz Pośpiech resümiert, „dass die Musikpflege zu den wesentlichen Aufgaben des Paulinerordens gehörte.“38

In den großen schwäbischen Reichsabteien nahm die Musik einen hohen Rang ein. „Mit Hingabe und Begeisterung sind in den oberschwäbischen Abteien mehrstimmige Messen gesungen, Konzerte veranstaltet und Opern aufgeführt worden.“39 In ihrer gegenseitigen Konkurrenz nahmen die Klöster bevorzugt Kandidaten mit musikalischen Fähigkeiten auf. So suchte Michael Huber 1775 nur ein Nachtquartier im Kloster Langnau. Aber „aus Spaß wurde Ernst. Ich hielt an“ und der Musikant auf Wanderschaft wurde als Novize aufgenommen.40 1772 legte er die Profess ab und wurde 1798 noch Prior in Grünwald.

Von einem weiteren schwäbischen Pauliner wurden seine musikalischen Fähigkeiten, aber auch sein vorbildlicher Lebenswandel geschätzt: „R. P. Gabriel Hornstein Rottenburgensis, musicus insignis, qui tamen, non tam ab harmonica sonorum concordia, quam a consonantia morum religiosi spiritus, et vitae exemplaris laudem obtinuit, vir numquam non laboriosus modo in arte musica, modo in horti cultura, modo in pictura...“ (1717-1773, Profess 1737).41

Ein Langnauer Rechnungsbuch von 1719-40 notiert u. a. die Ausgaben für Musik,42 meist sind es die Kosten für neue Saiten, gelegentlich leistet man sich eine neue Geige für 2-3 fl. Immer um den Jahreswechsel traten Musikanten aus den benachbarten Städten Buchhorn und Tettnang im Kloster auf und erhielten einen bescheidenen Lohn von etwas mehr als einem Gulden. Die größte Ausgabe, die man sich leistete, waren 9 fl. für „letster 2 opera musicalia“ des Benediktinermönchs aus dem Kloster Banz und Klosterkomponisten Valentin Rathgeber, der damals am Hof der Grafen von Montfort in Tettnang weilte und ihnen Kompositionen widmete.43

Aber Langnau hatte nicht nur musizierende Mönche und erwarb Kompositionen von renommierten Komponisten, sondern brachte auch selbst einen Komponisten hervor. Philipp Jacob Weigel wurde 1752 in Wiedach in Bayern geboren. 1778 legte er die Profess im Kloster Langnau als Franciscus Weigel ab und wirkte ab 1783 im Paulinerkloster Bonndorf im Schwarzwald. Er gab dann später an, er hätte bei den Paulinern nie zufrieden gelebt, weil er Ruhe, Einigkeit und die gesuchte Einsamkeit in ihren Klöstern vermisst hätte. Er klagte über mangelnde Andacht und „chori negligentiam“ und bat bei einer bischöflichen Visitation 1789 um die Erlaubnis, in das Benediktinerkloster St. Peter im Schwarzwald überzutreten. Schließlich wurde ihm 1790 der Übertritt erlaubt und er wirkte dort zunächst auf Klosterpfarreien und zuletzt bis zur Aufhebung des Klosters 1806 als Chorregent in St. Peter. Auch in St. Peter blieb er ein unruhiger Geist, nach der Säkularisation betreute er eine Pfarrei im Schwarzwald und starb 1827. Er hat wohl schon als Paulinerpater komponiert, ließ aber erst 1805 in St. Peter eigene Kompositionen drucken.44

Den Bestand an Musikinstrumenten in Langnau gibt das bei der Klosteraufhebung 1786 angelegte Inventar wieder:45

„An Musikalischen Instrumenten

1 großer Violon 2 fl.

1 kleiner Violon alt 1 fl.

1 Chorpäßle 1 fl.

1 Pratsche 30 x.

1 alte Geigen 30 x.

1 Harpfe mit Schlüßel 12 x.

1 paar Bauken nebst Schlüßel und Schlegel 5 fl.

4 Stück von verschiedenen Blasinstrumenten 36 x.

6 Trompeten mit Aufsätz 2 fl. 36 x.

4 Waldhorn 2 fl.

Zus. 13 fl. 24 x.

Verschiedene alte gedruckte und geschriebene Mappen offertoria, Litanien, Vespern, Symphonien und quadro 12 fl. 59 x“.

Für den Verkauf der Orgel aus der Klosterkirche nach Buchhorn erlöste die österreichische Klosteradministration 650 fl.

Mit der Aufhebung des Klosters endeten 1787 nach mehreren Jahrhunderten das officium divinum und die Kirchenmusik in der Klosterkirche. Die Klosterkirche wurde bald nach 1787 abgebrochen, einige Kunstwerke erhielten sich in der vom Kloster bisher betreuten Pfarrkirche Hiltensweiler.

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