In den Archiven haben sich aus den ersten Jahrhunderten der Pauliner in Süddeutschland fast nur Güterurkunden erhalten. Über das Wirken der Provinzialorgane und das Innenleben der Konvente ist deshalb wenig zu erfahren. Erst im 16. Jahrhundert gewähren einige Akten im Zuge von Reformmaßnahmen und der Abwehr drohender Klosteraufhebungen interessante Einblicke.
Über Verbindungen zur Ordenszentrale bei Buda in Ungarn schweigen sich die hiesigen Quellen völlig aus. In der ersten Ordenschronik werden zwei Reisen von Visitatoren von Ungarn „ad Alemaniam“ bzw. „in Germaniam“ erwähnt, um 1350 und erst wieder um 152071. Für 1596 kündigte dann der Ordensgeneral wieder eine Visitation an72. Ob die deutschen Pauliner vor dem 17. Jahrhundert jemals ein Generalkapitel besucht haben, ist nicht bekannt. In ungarischen Klöstern haben aber immer wieder einzelne Mönche aus Deutschland dauernd oder zeitweise geweilt73.
Nur gelegentlich taucht das oberste Organ der Provinz, das Provinzkapitel in den Quellen auf: 1391 tagte es in Goldbach und 1397 in Rohrhalden, wobei jeweils Wohltäter als confratres in die Gebetsgemeinschaft des Ordens aufgenommen wurden74. 1437 stimmte das Kapitel einem Hofverkauf des Klosters Grünwald und 1450, als es dort tagte, einer Vereinbarung dieses Klosters betr. der Pfarrei Kappel zu75. 1582 berief der Provinzial die anderen Prioren der Provinz zu einem Kapitel, um von Erzherzog Ferdinand geforderte Reformen zu besprechen76. Vom Kapitel wurden auch die Provinziale und Prioren gewählt oder bestätigt, wovon aber nur einmal im Fall des Priors im Roten Haus berichtet wird77.
Zu Provinzialen wurden wohl stets Prioren eines der Klöster gewählt. Von den 23 bis Ende des 16. Jahrhunderts bekannten Provinzialen waren zehn gleichzeitig Prioren von Langnau, fünf von Anhausen, je zwei von St. Jakob auf dem Donnersberg und von Rohrhalden und je einer „in der Awe“, von Grünwald und Kirnhalden, was sicherlich ein Licht auf die Bedeutung dieser Klöster wirft. Begrenzungen der Amtszeiten sind bei den spärlichen Nennungen nicht erkennbar, die Prioren hatten ihr Amt oft Jahrzehnte lang inne. Die Klöster der Provinz jährlich zu visitieren war die wichtigste Aufgabe der Provinziale, aber es haben sich kaum Zeugnisse davon erhalten. 1548 kam der Prior von Rohrhalden in einem Brief an seinen Provinzial in Langnau auf die Visitation zu sprechen, die mit einer Probe des neuen Weins verbunden werden sollte78. 1582 mahnte Erzherzog Ferdinand den Provinzial harsch an, Rohrhalden wegen des „Temporals“ nur mit seiner Genehmigung zu visitieren79. Die Hauptanlässe, bei denen die Provinziale auftraten, waren Gründung oder Aufgabe eines Klosters, die notwendige Zustimmung zu Verkäufen und zu dauerhaften Verpflichtungen eines Konvents. So trat bei allen Handlungen, die zur Gründung und später zur Aufgabe des Klosters St. Oswald führten, stets nur der Provinzial, nie der dortige Prior auf80. Für den Erhalt der Klöster St. Jakob auf dem Donnersberg, Anhausen und Goldbach vor der drohenden Reformation setzten sich die Provinziale tatkräftig ein, letztlich ohne Erfolg81. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts konnte sich der Provinzial gegen widerspenstige Prioren kaum mehr durchsetzen. 1593 klagte er: „Wir bedürffen kains provincials, wan er niemantt nix zu verbietten ... hat,... main macht ist zu schwach“82. Aber im Zuge der Reform nach 1600 konnte er mit Unterstützung durch die Ordensleitung seine Stellung wieder stärken und reformfeindliche Prioren zum Rücktritt zwingen83.
Von den wenigen bekannten Vizeprovinzialen oder Provinzvikaren stiegen zwei in das Amt des Provinzials auf.
Das einzelne Kloster genoss gegenüber dem Provinzialverband eine autonomere Stellung, als ihm die neuen Konstitutionen nach 1643 gewährten. Die Brüder gelobten stabilitas und legten ihre Profess auf ihr Kloster ab84, nicht auf die Provinz wie später. In den Gründungsurkunden wurde für Grünwald 1362 eine Obergrenze des Konvents von zehn Brüdern, die nie erreicht wurde, und für Langnau 1405 eine Mindestgröße von fünf Priestern festgelegt. Aber die meisten Konvente dürften aus nicht mehr als zwei bis drei Brüdern bestanden haben. Im 16. Jahrhundert nahm die Zahl der Konventsmitglieder weiter ab. In Tannheim weilte 1561 nur der kranke Prior, in Rohrhalden befanden sich 1582 außer dem Prior nur zwei Konventualen85. Von den aus dem 14. bis 16. Jahrhundert in den Quellen namentlich genannten ca. 140 deutschen Paulinern waren drei Viertel Prioren, von ihnen wurde wiederum ein Viertel während ihrer Amtszeit zu Provinzialen gewählt. Von den 26 Mönchen, deren Herkunftsorte genannt werden, stammten je ein Drittel aus größeren Städten, insbes. Reichsstädten, aus Landstädten und Dorfgemeinden86. Ihre Ausbildung und Formation wurde den Paulinern fast ausschließlich im Professkloster „schülers weise“ vermittelt87, nur ein Prior hatte studiert und trug einen Doktortitel88.
Die meisten Gründungen wurden mehr als bescheiden ausgestattet, ihr Besitz reichte kaum für die Bedürfnisse eines Eremiten oder einer kleinen Eremitengemeinschaft. In vielen Fällen war es zunächst nur eine Kapelle und eine Hofstatt mit wenigen Morgen oder Jauchert Land89. Besser versorgt waren die Klöster, denen die Stifter gleich das Patronat über eine Pfarrkirche mit den entsprechenden Einkünften übergaben, wie die späteren Gründungen St. Peter auf dem Kaiserstuhl 1373, Goldbach 1382, St. Oswald 1396, Bonndorf 1402, Anhausen 1403 und Langnau 1405. In der Folgezeit konnten die meisten Konvente durch Stiftungen und Käufe ihren Besitz vergrößern. Zu bescheidenem Wohlstand brachten es Anhausen, Goldbach, St. Jakob, sowie bis ins 18. Jahrhundert überdauernd Bonndorf, Grünwald, Rohrhalden und Tannheim. Sehr viel besser hatte der Landgraf von Leuchtenburg für St. Oswald mit sechs Dörfern, drei Mühlen und einer Pfarrkirche gesorgt, die der Orden aber wegen der Bedrückungen durch neue Vögte bald wieder aufgab. Ebenso gut stattete der Graf von Montfort-Tettnang Langnau aus, der dem Orden eine vordem benediktinische Grundherrschaft mit 80 Gütern in 40 Ortschaften schenkte. Eigenwirtschaft rund um das Kloster, der Bezug von Grundrenten, Zehntrechte, Waldnutzung, manchmal auch Fischzucht waren in unterschiedlicher Gewichtung die Haupteinkommensquellen der Konvente90. Stadthäuser besaßen Anhausen in Crailsheim und Rohrhalden in Rottenburg91. Nur in Langnau konnte der Prior über seine Lehenleute auch Gerichtsrechte wahrnehmen, die die Grafen als Vögte aber immer mehr einschränkten.