Elmar L. Kuhn

Eitelhans Ziegelmüller, der Bauernkrieg und Oberteuringen


Die Aktionen

Nachdem sich die Salemer Untertanen Mitte März der Empörung angeschlossen hatten und das Hauptquartier von Ailingen nach Bermatingen verlegt worden war, galt die erste Aktion dem Kloster Salem. Mit nur etwa zwanzig Personen kam der Hauptmann Ziegelmüller ins Kloster „und da haben ihm alle Bediensteten im Kloster huldigen müssen auf die zwei Artikel: Das göttliche Recht zu beachten und gegen ihren Haufen nichts zu unternehmen“. An der Bewegung selbst brauchten die Klosterbediensteten sich nicht zu beteiligen, aber als Gegner sollten sie ausgeschaltet werden. Am Abend kehrte der Hauptmann mit seiner Begleitung wieder nach Bermatingen zurück. Der Abt, froh darüber, so glimpflich davongekommen zu sein, sandte ihm eine „Verehrung mit etlichen Fischen, Wein und Brot“ zu.

Bald wurde es aber ernster. Der „Schwäbische Bund“, das Bündnis der Herrschaften, das die Verhandlungen ohnehin nur zum Zeitgewinn für seine Rüstungen geführt hatte, begann nun, die Bauern von seinem Sammelplatz Ulm her anzugreifen. Die Leipheimer Bauern an der Donau, als erste angegriffen, schrieben an den „Seehaufen zu Bermatingen“ um Hilfe. 200 Mann wurden ihnen am 31. März zu Hilfe geschickt. Sie kamen jedoch nur bis Weingarten und kehrten aus unbekannter Ursache wieder nach Bermatingen zurück.

Angesichts dieser Bedrohung bemühte man sich nun, die bäuerliche Massenbasis zu vergrößern. Am 1. April zog der Haufen mit 300 Mann nach Owingen, richtete auch dort einen „Platz“ ein und setzte einen Hauptmann ein. Auf dem Durchzug machte man im Kloster Salem Halt und nahm „eine Suppe und einen Trunk“ ein. Am nächsten Tag, Sonntag, den 2. April, war wieder Salem das Ziel und es wurde dort „zu Morgen gegessen und getrunken“. Ziegelmüller forderte nun den Konvent selbst auf, zu huldigen, er habe einen entsprechenden Befehl vom „hellen Haufen“ (wohl dem ganzen Seehaufen oder der „Christlichen Vereinigung“). Der Konvent ergab sich Bedenkzeit, um sich zu besprechen. Der Hauptmann mit seiner Begleitung kehrte zunächst nach Bermatingen zurück. Dort kam an jenem Sonntag „der ganze Haufen zusammen..., um die 8000, da haben sie miteinander verhandelt“. Der Salemer Konvent seinerseits holte sich Rat bei seinem Abt, der sich nach Überlingen geflüchtet hatte. Die Reichstadt mit ihrer unnachgiebigen Haltung den Bauern gegenüber war zum Zufluchtsort für alle geworden, die sich und ihren Besitz in Sicherheit bringen wollten. Nach einem Bericht zogen „haufenweise“ die Geistlichen nach Überlingen und viele hatten „Landsknechtskleider angehabt, etliche das Haar abgeschoren und die Tonsur verwachsen lassen“, um nicht erkannt zu werden. Es seien „um 300 Geistliche zu Überlingen, denn im ganzen Land... laufen sie nach Überlingen“.

Auf Rat des Abtes beschloss dann der Salemer Konvent, zu huldigen und benachrichtigte den Hauptmann. Ziegelmüller schickte daraufhin zwei seiner Räte, darunter den Ammann Benedikt Aigen von Bermatingen, um die Huldigung entgegenzunehmen. „Da hat der Ammann von Bermatingen dem Konvent die Huldigung im Auftrag des Hauptmanns abgefordert, und zwar nur zu huldigen auf die zwei Artikel und sonst nichts, das ist zum ersten, das Evangelium zu verkünden ohne menschlichen Zusatz, nur den Text, zum anderen, dass wir das göttliche Recht anzuwenden helfen sollten. Und also allein auf diese beiden Artikel haben wir gehuldigt.“ Es muss für den Ammann von Bermatingen ein Triumph gewesen sein, hier den sonst so stolzen Konventsherren gegenüberzutreten, denen er und seine Gemeinde bisher zu gehorchen hatten, und die nun ihm als Vertreter ihrer bisherigen Untertanen zu schwören hatten. Für eine solche Wende haben sich die Bauern erstaunlich zurückhaltend aufgeführt.

Im Kloster verblieben nur drei Beauftrage des Haufens, die das Tor beaufsichtigen sollten. Die Bauern wollten auch nicht, dass die Mönche etwas „flüchteten, weder Wein noch Korn, denn der Hauptmann hat immer zu uns gesagt, er wolle uns nichts wegnehmen“. Woran der Chronist die dankbare Feststellung knüpfte: „Er ist ein guter Gotteshausmann gewesen, er hat treulich uns beschützt. Sonst wären wir vielleicht nicht so gut davongekommen.“

Am Sonntagabend noch nach der Versammlung in Bermatingen waren die Bauern nach Markdorf gezogen, um die Stadt zur Huldigung aufzufordern. Die Stadt ergab sich freiwillig und tags drauf, am gleichen Tag wie der Konvent in Salem, schwor „die ganze Gemeinde in der Stadt dem Hauptmann“. Nach der Huldigung in Markdorf besetzten die Bauern das Schloss zu Ittendorf, das der Reichsstadt Überlingen gehörte. Weiter ging der Zug nach Meersburg, „wo die Bürger ihnen entgegenzogen mit Wein und Brot und die Stadt übergaben und der Hauptmann zog mit dem Sturmhaufen in die Stadt und diese schwor ihm auch“. Wenig später musste der Bischof auch das Schloss ausliefern, samt 600 Gulden, 6 Fuder Wein und, was wichtig war, dem im Schloss liegenden Geschütz. Eine Belagerung von Buchhorn wurde abgebrochen auf eine Warnung hin, die Österreicher zögen heran. Trotzdem sandten die Buchhorner eine Gesandtschaft nach Bermatingen, die zu den Bauern schwor. Ein Einsatz dieser Buchhorner Gesandtschaft als Vermittlungsinstanz mit Überlingen, um einige von der Reichsstadt gefangengenommene Bauern frei zu bekommen, blieb freilich fruchtlos, „denn die von Überlingen waren völlig gegen die Bauern“. Sie hatten ihre Stadt auch „mit Bollwerken und anderem so befestigt, dass die Bauern sie hätten nicht bezwingen können“.

Erfolgreicher waren die Bermatinger jenseits des Sees. Der Hauptmann Ziegelmüller fuhr mit „500 Knechten... über den See und Wollmatingen und die Dörfer dort haben ihm alle geschworen“. Nach Rückkehr nach Bermatingen beraumte Ziegelmüller am Gründonnerstag, den 13. April, eine Sitzung in Salem mit den Räten von Meersburg an, etwa sechzig Personen, wo sie mit einer Botschaft der Hegaubauern berieten. Als sie noch abends zusammen berieten, kam „dem Hauptmann ein Eilbrief zu von den Räten der Bauern, die im Kloster zu Langnau lagen (Rappersweiler Haufen), welcher Brief mitteilte, dass Jörg Truchseß von Waldburg, mitsamt dem (Schwäbischen) Bund mit Heeresmacht auf Gaisbeuren zuziehe und sich mit Macht rüste, sich mit ihnen zu schlagen. Auf diese Botschaft an den Hauptmann und die Räte in Salem ritten sie alle in derselben Nach am Gründonnerstag nach Bermatingen und sandten aus, in allen Dörfern Sturm zu läuten. Und also hat man am Karfreitag um 2 in der Nacht im ganzen Tal und am Bodensee Sturm geläutet und sind alle Bauern am Karfreitagmorgen in Bermatingen auf den Platz bewaffnet zusammengekommen. Und während des Amts, da man die Passion singt, zogen die von Owingen und ihre Nachbarn am Kloster vorbei mit Becken und Trommeln auf Bermatingen zu. Auch Markdorf und Meersburg kamen dorthin. Und also sind am Karfreitag zu Bermatingen um die 10 000 Mann aufgebrochen und zogen auf Weingarten zu. Auch haben sie das Geschütz zu Meersburg im Schloss und zu Markdorf nachgeführt unter der Bedeckung von 300 Knechten.“ Salem hatte einen „Wagen... mit Futter und etliche Säcke mit Brot“ zu stellen.

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