Elmar L. Kuhn

Die Pauliner 13.-16. Jahrhundert


Weitere Geschichte

Bei der Anerkennung durch Kardinal Gentilis 1308 zählte der Orden in Ungarn etwa 20 Klöster. Das restliche 14. Jahrhundert war seine Hauptwachstumsphase, etwa 50 neue Niederlassungen entstanden, während im 15. bis Anfang des 16. Jahrhunderts nur noch etwa 20 weitere Konvente dazukamen. Dabei konnten sich die Pauliner der besonderen Förderung durch die ungarischen Könige erfreuen, die allein 14 Klöster stifteten und ihnen im Zuge ihrer Bemühungen zur Ordensreform im späten 15. Jahrhundert auch Klöster anderer monastischer Orden übergaben. Ein Viertel der ungarischen Klöster stifteten Magnaten, ein weiteres Viertel Angehörige des niederen Adels28.

Schon von seinen frühesten Anfängen breitete sich der Orden auch in Kroatien, Slawonien, Dalmatien und Istrien aus, deren etwa 30 Paulinerklöster in den genannten Zahlen nur teilweise enthalten sind. Im 14. Jahrhundert überschritt er nach Westen und Osten die Grenzen der ungarischen Krone. 1340 schlossen sich deutsche Eremiten dem Orden an. 1382 wurde bei Częstochowa (dt. Tschenstochau) das erste Paulinerkloster in Polen gegründet, um den ungarischen Einfluss in Polen über den Tod Ludwigs des Großen, Königs von Ungarn und Polen, hinaus zu sichern29. In Rom überließ Papst Innozenz VII. 1404 dem Orden eine Kirche30. Im östlichen Österreich entstanden im 15. Jahrhundert fünf Paulinerniederlassungen. 1464 unterstellten sich portugiesische Paulinereremiten dem Orden und bildeten bis 1577 eine Union, zeitweise schlossen sich wohl auch spanische Eremiten an31.

Der Sitz des Generalpriors, das Kloster St. Laurentius bei Buda, hatte 1381 erhöhte sakrale Bedeutung gewonnen, als König Ludwig der Große nach einem Krieg mit Venedig die Herausgabe der dort befindlichen Reliquien des Ordenspatrons, des Hl. Paulus von Theben, erzwang und sie nach St. Laurentius übertragen ließ. Hier wurde in den Folgejahren eine größere Kirche errichtet, an die Ende des 15. Jahrhunderts eine neue Kapelle mit einem prächtigen Grabmal angebaut wurde32. Die dort verzeichneten Wunder zogen viele Wallfahrer an33. Noch 1523 wurde das Haupt des Heiligen, das nach Böhmen geraten war, vom ungarisch-böhmischen König Ludwig II. ebenfalls nach St. Laurentius transferiert. Der Heilige konnte sein Kloster aber nicht vor den Zerstörungen der Türkenkriege bewahren. Nach der Plünderung nach der Schlacht von Mohács 1526 in eine nordungarische Burg geflüchtet, verbrannten die Reliquien dort 1527. Von den etwa 70 ungarischen Klöstern der Pauliner erlebten nur sieben das Ende des 16. Jahrhunderts. Nur die Hälfte der südwestdeutschen Klöster überlebte die Reformation und ihre Folgen. Die Union mit den portugiesischen Paulinern zerbrach wieder. In der polnischen Provinz regten sich Unabhängigkeitsbestrebungen34. Die Ordensdisziplin zerfiel, die Verbindungen von den Klöstern und Provinzen zu dem an wechselnden Orten residierenden Ordensgeneral lockerten sich.

Ab der Wende zum 17. Jahrhundert konsolidierte sich der Orden wieder durch „jesuitische Inspiration“. Die Ordensgeneräle hatten zuvor jeweils in Rom studiert und leiteten den Orden nun meist von Marianka (dt. Maria Tal) in der heutigen Slowakei nördlich von Bratislava (dt. Pressburg) aus. Die Kurie verordnete dem Orden 1643 neue Konstitutionen, die die zentralistischen Züge der Ordensverfassung verstärkten und den Professen ein geregeltes Studium vorschrieben. Im Zuge der Rückeroberung Ungarns und der Barockkonjunktur kam es zu einer neuen Blüte des Ordens. In Ungarn und Polen wurden zahlreiche Konvente neu gegründet. Diesen Aufschwung beendete Kaiser Josef II. abrupt, als er 1786 alle Klöster, über 60, in den habsburgischen Herrschaftsgebieten auflöste. Die restlichen Klöster in Südwestdeutschland und im preußisch besetzten Polen fielen der Säkularisation nach 1800 zum Opfer. Die russischen Klosteraufhebungen in Polen überlebten nach 1864 nur die beiden Konvente in Częstochowa mit dem nationalen Marienheiligtum Jasna Góra (dt. Heller Berg) und in Kraków (dt. Krakau). Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhundert breitet sich der Orden wieder in der ganzen Welt aus35.

Copyright 2024 Elmar L. Kuhn