Elmar L. Kuhn

Von Hemigkofen und Nonnenbach zur Gemeinde Kressbronn


Das Diktat der Partei

Aber die Vereinigung der beiden Gemeinden hatten bald andere Kreise im Auge. Die örtlich vorher nicht sehr einflussreiche NSDAP sah nach der Machtübernahme im Reich eine Gelegenheit, nun auch in der Gemeinde Tatkraft zu demonstrieren. Nach dem 31. März 1933 war die Zusammensetzung der Gemeinderäte den Ergebnissen der Reichtagswahl vom 5. März angepaßt worden. Der Führer der dadurch gebildeten dreiköpfigen NS Fraktion im Gemeinderat Hemigkofen hatte auf 20. Juli 1933 eine Sondersitzung mit dem TOP verlangt: „Herbeiführung eines Gemeinderatsbeschlusses zwecks Zusammenlegung der Gemeinden Hemigkofen und Nonnenbach“. In seinen Ausführungen gab er zu, daß „ein derartiger Beschluß heute der Bevölkerung vielleicht nicht genehm sei“. In seinem Plädoyer für den Zusammenschluß operierte der Fraktionsvorsitzende vor allem mit der „ganz beträchtlichen Ersparnis an Gehaltsaufwand“. Seine Zahlen wurden freilich von der Gemeinderatsmehrheit bezweifelt, die bei ihren Berechnungen sogar eine Steigerung des Aufwandes um ein Drittel befürchtete. Außerdem wurde betont, „daß in der hiesigen Gemeinde eigentlich keine Veranlassung zur Eingemeindung bestünde, nachdem die Gemeindeverwaltung und auch sonst alles in bester Ordnung sei“. Schließlich mußte sich die NSDAP mit einer Vertagung und der Bitte ans Oberamt um genaue Berechnungsunterlagen zufrieden geben. Es war klar, wie das Oberamt noch am 4. November 1933 feststellte, daß eine wirklich freiwillige „Vereinigung beider Gemeinden zunächst nicht möglich“ war, vor allem weil „die finanziellen Verhältnisse der Gemeinde Nonnenbach (immer noch) weit besser waren als diejenigen der Gemeinde Hemigkofen.“ (23.11.33)

Nun setzte die Partei auf Zermürbungstaktik, und die Dauerbearbeitung des Gemeinderats hatte schließlich Erfolg. Auf Anordnung des Innenministeriums fand am 5. Dezember 1933 eine gemeinsame Sitzung beider Gemeinderäte statt. „Nach langen Verhandlungen haben die Gemeinderäte Hemigkofen und Nonnenbach ihre Zustimmung zur Vereinigung beider Gemeinden erteilt. Die Beschlüsse kamen einstimmig zustande“. Formell war alles legal gelaufen, die Vereinigung war auf dem gesetzlich allein zulässigen Wege zustande gekommen. Die nachträgliche Bitte des Bürgermeisteramtes Nonnenbach „veranlaßt durch die Sorge um Erhaltung der Ruhe und Ordnung in der Gemeinde“, den „Zeitpunkt für die Vereinigung der Gemeinde auf später zu verlegen“, weist auf den fortdauernden Widerstand hin, kam aber zu spät und wurde sofort abgelehnt. Nun ging es nur noch um die Abwicklung. Am 17. Januar 1934 wurde die Übereinkunft über die Vereinigung beschlossen, die am 1. April 1934 erfolgen sollte.

Die beiden Bürgermeister der aufgelösten Gemeinden Grall und Biggel, der Hemigkofener Gemeindepfleger Kees und der Nonnenbacher Amtsbote wurden aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzt worden. Damit waren die Bemühungen auch des Oberamts gescheitert, Bürgermeister Grall zum Bürgermeister der neuen Gemeinde zu bestellen, und der Weg war frei für die Einsetzung des aus Oberndorf hierher versetzten Parteigenossen Gotthardt als Bürgermeister. Durch alle diese Vorgänge werde „die große Majorität zugunsten einer Minorität vor den Kopf gestoßen“, schrieb am 16. Juni 1934 der Gattnauer Pfarrer Füchter an das Oberamt.

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