Elmar L. Kuhn

Eitelhans Ziegelmüller, der Bauernkrieg und Oberteuringen


Selbstverwaltung

Die Bauern des späten Mittelalters waren nicht nur Untertanen ihrer Herrschaft, sie hatten in zähen Auseinandersetzungen Selbstverwaltungsrechte auf verschiedenen Ebenen durchgesetzt. Jedes Dorf bildete eine eigene Ortsgemeinde. Mindestens einmal jährlich trafen sich alle Dorfgenossen, die volljährigen Grundbesitzer, zur Dorfversammlung, fassten Entschlüsse und wählten die beiden Dorfmeister für ein Jahr. Die Dorfgemeinde regelte die gemeinsame Bewirtschaftung der Gemarkung, den gemeinsamen Viehtrieb und unterhielt Wege und Stege. Dazu bedurfte es keiner Akten, deshalb erfahren wir von der Existenz einer Ortsgemeinde in Oberteuringen nur gelegentlich, immerhin schon 1347, als die versammelte „Bauernschaft von Teuringen“ den Verkauf eines Ackers aus dem Kirchenvermögen beschloss, oder 1594 durch einen Streit mit der Gemeinde Bitzenhofen um die Grenze zwischen den Weideflächen beider Gemeinden. Wie der Nachricht von 1347 zu entnehmen, blieb auch dieVerwaltung des Kirchenvermögens, der „Kirchenfabrik“, wie auch später der Frühmesspfründe, der Selbstverwaltung durch Heiligen- oder Kirchenpfleger überlassen. Stätten der dörflichen Meinungsbildung und des Informationsaustausches waren die Kirchen, wo nach dem Sonntagsgottesdienst alle mehr oder weniger wichtigen Dinge besprochen wurden, die Taverne, die Badstube, Torkel und Mühle, wo bei Anlieferung und Abholung immer Zeit für Gespräche blieb.

Die Landvogtei teilte ihr Gebiet in sogenannte Gerichte, später in Ämter ein. Oberteuringen gehörte im frühen 16. Jahrhundert zum Amt in und um Ailingen, später zum Amt Dürrnast. Als Vorsitzender des Gerichts und als Lokalbeamter der Landvogtei waltete ein Ammann. Er hatte die Interessen der Herrschaft vor Ort zu vertreten, aber als Mitglied der bäuerlichen Oberschicht spielte er eine Doppelrolle als Vermittler zwischen Herrschaft und Untertanen und artikulierte auch die lokalen bäuerlichen Interessen gegenüber der Herrschaft.

Um die Bewohner ihres Rechtsbezirks, meist Eigenleute der Klöster, als ihre Untertanen beanspruchen zu können und damit ihren bisherigen Herren zu entziehen, berief die Landvogtei sie zu Huldigungen ein. Neue allgemeine Lasten erforderten den formellen Konsens der Belasteten. Dazu bildete die Landvogtei aus den Untertanen die Korporation der „Landschaft“, die Genossenschaft aller Untertanen als Gegenüber der Herrschaft. Alsbald hatte die „Landschaft“, zunächst als Versammlung aller Mitglieder, dann repräsentiert durch „Ausschüsse“, Vertreter aller Ämter, über die Höhe der Steuer zu beraten, das hieß, ihr mit gewissen Nachlässen zuzustimmen, sie umzulegen und einziehen zu lassen. Über die Landschaft sollten die Untertanen in die Herrschaftspolitik eingebunden werden, aber sie konnte auch als regionales Forum der Interessenvertretung gegenüber der Herrschaft, als regionales Mitsprache- und Selbstverwaltungsorgan genutzt werden.

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