Was haben nun die verschiedenen Perspektiven auf den Niedergang der Grafen von Montfort gebracht? Unstrittig ist, dass der Adel im Laufe des 18. Jh.s in eine Finanzkrise geriet. Es ist auch nicht zu bestreiten, dass die Grafen von Montfort besonders hohe Schuldenlasten aufhäuften und auch im Urteil der Standesgenossen wohl noch schlechter wirtschafteten als üblich. Es ist aber auch nicht zu bestreiten, dass allen überlebenden Familien in Oberschwaben nach der Mediatisierung die Sanierung gelang, es folglich auch den Montfortern hätte gelingen können.
Den Konkurs der Grafen von Montfort und den Verkauf ihrer Herrschaften hat die zielstrebige Politik Österreichs aufgrund seiner territorial- und wirtschaftspolitischen Interessen erzwungen. Das Ergebnis relativiert sich, denn sieben Jahre nach dem Verkauf hätte die Herrschaft der Grafen von Montfort mit dem Tod des letzten männlichen Namensträgers ohnehin ihr Ende gefunden. Die Beschäftigung mit ihrer Geschichte mag als anschauliches Exempel für die Strukturprobleme des oberschwäbischen Adels und die Windungen der österreichischen Territorialpolitik im 18. Jahrhundert dienen, aber auch den Blick für mögliche Alternativen des historischen Verlaufs weiten.
Die gräflichen Untertanen atmeten 1779 und 1780 offensichtlich auf. 1764 hatte der Tettnanger Stadtpfarrer in seiner Chronik notiert: „die große Schuldenlast häuft sich alltäglich, wodurch der Untertan vieles leidet“. Man glaubt die Erleichterung bei der Feststellung 1779 spüren zu können: „In diesem Jahr ist endlich das Schicksal des Hauses Montfort entschieden worden. [...] Man hat die Bezahlung [der Schulden durch Österreich] schon den ganzen Herbst erwartet“ und sieht es als ein Glück an, „wenn man nur das, was man noch hofft, sicher erhalten wird.“60Aber schon 1808 klagen die bayerischen Beamten: „Die Stadt Tettnang träumt noch von den goldenen Zeiten der Grafen von Montfort, wo ihre Bürger, ohne zu arbeiten, denselben die Einkünfte der ganzen Herrschaft durchzubringen halfen“61.
Veröffentlicht in: Mark Hengerer / Elmar L. Kuhn (Hg.): Adel im Wandel. Oberschwaben von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Band 1. Ostfildern: Thorbecke, 2006, S. 213-228.