Finanzgeschichte ist mühsam und wenig attraktiv. Deshalb gibt es auch nur eine einzige, aber vorbildliche Finanzgeschichte eines anderen oberschwäbischen Territoriums: von Jürgen Richter über die Grafschaft Friedberg-Scheer42. Die ordentlichen Einnahmen und der disponible Ausgabenspielraum lagen dort etwa um ein Viertel niedriger als bei den Grafen von Montfort. Auch dort kam es zu einer Finanzkrise und Debitkommissionen, 1679 sogar zu einer Gefangennahme des Grafen wegen Misswirtschaft und einem Schuldenberg von dort maximal 318 000 Gulden 1752. Die Friedberg-Scheerer Linie der Grafen von Waldburg-Zeil starb 1772 aus, ihr Besitz fiel durch Erbvergleich an die Wolfegger Linien, die die Grafschaft 1785 an den Fürsten von Thurn und Taxis um die erwähnten 2,1 Mio. Gulden verkauften und sich dadurch sanieren konnten.
In Oberschwaben, westlich der Iller und in Vorarlberg residierten Anfang des 18. Jahrhunderts 14 Hochadelsgeschlechter (sechs Linien der Waldburger, drei der Fürstenberger), Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch sechs. Soweit bekannt galten alle als verschuldet, man findet in der Literatur aber kaum klare Zahlen. Nur die Fürstenberger verfügten über deutlich höhere Einnahmen als die Montforter, aber auch sie standen mehrfach vor dem finanziellen Zusammenbruch43.
Kaiserliche Debitkommissionen44sind außer für Montfort und Friedberg-Scheer bekannt von
Waldburg-Trauchburg-Kißlegg,
Waldburg-Waldsee, 1778 –80 ebenfalls mit Gefangennahme des Grafen,
Fugger-Wellenburg mit der Herrschaft Wasserburg,
beiden Linien Hohenems45, wo Graf Anton von Montfort sogar 1716-18 als Administrator waltete.
Fünf dieser Fälle endeten letztlich mit dem Aussterben der Geschlechter (Hohenems, Waldburger) und damit überschneidend in drei Fällen mit Verkäufen (Wasserburg, Tettnang, Friedberg-Scheer). Der Konkurs wurde festgestellt bei den Fugger-Wellenburg und den Montfortern.
Ein Blick auf die Schlossbauten: Von der Renaissance bis zum Klassizismus bauten 15 Familien (mit den Zimmern) 16 Schlösser, davon drei die Montforter, und nehmen neun größere Um- und Ausbauten vor, davon zwei die Montforter, sie waren also von 25 größeren Baumaßnahmen allein für ein Fünftel verantwortlich. Alle anderen größeren Schlösser Oberschwabens wurden im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert erbaut. Von den barocken Schlössern ist Tettnang das größte und musste nach dem Brand überdies ein zweites Mal ausgestattet werden46. Die Montforter gaben also im 18. Jh. wesentlich mehr Geld aus für Baumaßnahmen als ihre Standesgenossen. Außer den Schlössern finanzierten die drei letzten Generationen von Grafen u.a. den Bau eines Klosters, einer Pfarrkirche, eines Spitals sowie dreier Kapellen und stifteten fünf Kaplaneien.
Die Waldburger und Fürstenberger konnten sich konsolidieren nach dem Erlöschen von Linien durch den Anfall deren Herrschaften. Anders als die Fürstenberger, Waldburger und Königsegger erhielten die Montforter auch keine Ämter des Kaisers oder der bayerischen Kurfürsten mit ihren Zusatzverdiensten übertragen. Entlastung brachten nur die Domherrenstellen, die sie dem verschwägerten Kardinal Schönborn verdankten und die Pfründen der Damenstifte für ihre Töchter. Aber gerade der Verzicht von drei Grafen in der letzten Generation auf Heirat und die Versorgung von zweien mit kirchlichen gut dotierten Kanonikaten führten dann auch zum Aussterben der Familie.
Die finanzielle Lage der oberschwäbischen Hochadelsfamilien unterschied sich nicht wesentlich. Aber nur zwei Familien, die Montforter und die unbedeutenden Fugger-Wellenburg schlidderten in den Konkurs. Die Schlossbauten der Montforter nach den Zerstörungen im 30jährigen Krieg und dem Brand sowie ungünstigere Randbedingungen mögen die Montforter in eine besonders prekäre Lage gebracht haben. Aber wir dürfen den Blick nicht nur auf die Scheiternden, sondern auch auf den Nutznießer Österreich richten.