Elmar L. Kuhn

Die officia propria des Paulinerordens im 17. und 18. Jahrh.






Die Eigenbreviere der schwäbischen Ordensprovinz

Nur die schwäbische Provinz des Ordens,20 keine andere, ließ eigene Breviere drucken:

  • Festa propria fratrum eremitarum ordinis s. Pauli primi eremitae. Constantiae: Straub, 1703.

  • Festa nec non officia propria sanctorum patronorum ordinis sancti Pauli primi eremitae. S. Blasii: Typis princ. Monasterii, 1763.

Ich vergleiche im folgenden den Festkalender der schwäbischen Ordensprovinz mit den Eigenfesten in den allgemeinen Ordensbrevieren der Pauliner. Ich beschränke mich hier auf die Wiedergabe der Abweichungen der schwäbischen Eigenbreviere von den allgemeinen Eigenbrevieren des Ordens:


1695

1722

1753

1774

1703

1763

17. I.

Antonius


d.m.



d.m.


28. I.

Antonius



d.m.

d.m.


d.m.

4. III.

Casimir



d.m.

d.m.


d.m.

19.III.

Joseph


d.2.cl.

d.2.cl.

d.2.cl.


d.2.cl.

23. IV.

Georg


d.

d.


(d.)


16. V.

Johann Nepomuk



(d.)


d.


VI.

Comm. Pauli



d.m.

d.m.

d.m.

d.m.

VII.

Angeli custod.





d.m.

d.m.

17. VII.

Andreas & Bened.

sd.

sd.

d.m.

d.m.


d.m.

IX.

Angeli custod.


d.2.cl.

d.2.cl.




2. IX.

Stephan



sd.

sd.

sd.

sd.

11. IX.

Ann. Ludwig I.


d.

d.


d.

d.

25. IX.

Gerhard



d.m.

d.m.


d.m.

2. X.

Angeli custod.




d.m.



21. X.

Ursula


d.

d.


(d.)

 

Fast alle Feste, die im schwäbischen Brevier von 1703 noch fehlen, wurden erst von den Konstitutionen von 1725 vorgeschrieben. Georg und Ursula werden nicht im Ordensteil, sondern im Diözesanteil des Breviers aufgeführt. Die einzige bemerkenswerte Fehlstelle ist das Fest der Eremiten Andreas und Benedikt, das zwar erst von den Konstitutionen von 1725 vorgeschrieben wird, aber in allen Brevieren des Gesamtordens ab 1695 enthalten ist.

Dafür führt das Brevier von 1703 zwei Feste auf, die erst ab 1753 in die allgemeinen Ordensbreviere aufgenommen werden: Commemoratio s. Pauli und Stephan.

Interessanterweise enthält das schwäbische Brevier von 1703 in einem eigens paginierten zweiten Teil die „officia propria sanctorum ecclesiae et dioecesis Constantiensis“, also der Diözese, in der alle verbliebenen fünf schwäbischen Paulinerklöster lagen.21 Hier werden Texte zu den Horen folgender Feste abgedruckt:

23. I.

Meinrad

6. III.

Fridolin

23. IV.

Georg

9. V.

Beatus

19. VI.

Gervasius und Protasius

4. VII.

Ulrich von Augsburg

7. VIII.

Afra

27. VII.

Gebhard

30. VIII.

Pelagius

1. IX.

Verena

6. IX.

Magnus

9. IX.

Kirchweihe der Bischofskathedrale

11. IX.

Felix und Regula

17. IX.

Lambertus

22. IX.

Mauritius

2. X.

Leodegar

16. X.

Gallus

21. X.

Ursula

3. XI.

Pirmin und Idda

16. XI.

Othmar

26. XI.

Konrad

2. XII.

Bibiana

4. XII.

Barbara22

Das schwäbische Brevier von 1763 ist weitgehend die getreue Kopie des Tyrnauer Breviers von 1753 mit letzlich nur zwei Ausnahmen: Das Schutzengelfest wird in Schwaben am zweiten Sonntag im Juli, im übrigen Orden aber zunächst am 1. Sonntag im September, 1774 am 2. Oktober gefeiert. Das einzige wirkliche proprium der schwäbischen Provinz ist das Fest des erst 1729 heilig gesprochenen Johann Nepomuk, das als Patron dieser Provinz seit 1753 „solemnius celebrandum“ war. Im allgemeinen Ordensbrevier von 1753 taucht dieses Fest nur im Anhang auf.

Meine Ausgangsvermutung war, dass die Edition von officia propria einer Ordensprovinz als Indiz für die Distanz dieser Provinz vom Gesamtorden und für einen partiellen Sonderweg in der Spiritualität betrachtet werden kann. Aber die Abweichungen in den Eigenbrevieren der Provinz sind letztlich so gering, dass daraus kaum auf einen Eigenweg der Provinz geschlossen werden kann. Insofern ist das Ergebnis enttäuschend. Es stellt sich deshalb die Frage, warum die schwäbische Provinz überhaupt eigene Breviere drucken ließ. 1703 mag das verständlich gewesen sein, da das allgemeine Ordensbrevier von 1695 sehr lückenhaft war, was offensichtlich die schwäbische Provinz veranlasste, für ihre Bedürfnisse ein vollständigeres Brevier zusammen zu stellen. Erst 1722 folgte dann der Gesamtorden. Warum die Provinz dann 1763 erneut ein eigenes Brevier in Auftrag gab, das weitgehend eine Kopie des Tyrnauer Drucks von 1753 war, muss offen bleiben.

Der Diözesanteil im schwäbischen Brevier von 1703 kann immerhin so verstanden werden, dass die Orientierung an der kirchlichen Umwelt in dieser Provinz für die Praxis des officium divinum gleichen Rang wie die Ordensspiritualität hatte. Einen solchen Diözesanteil enthält das Brevier von 1763 nicht mehr. Das mag verständlich sein nach dem gescheiterten Versuch der Provinz, sich 1760 vom Orden zu trennen und sich dem Bischof von Konstanz zu unterstellen.23 Da hätte ein Diözesanteil sicherlich wieder Misstrauen im Orden geweckt.

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